Der schwarz-gelbe Streit eskaliert. Gröhe mahnt die Koalition zu “bürgerlichem Verhalten“, Gesundheitsminister Rösler zur Eile.

Berlin. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition zur Ordnung gerufen. "Wer von einer bürgerlichen Koalition spricht, muss sich auch bürgerlich verhalten. Das schließt gegenseitige Beschimpfungen aus", schrieb Gröhe am Freitag in einem Brief, der dem Hamburger Abendblatt vorliegt, an die Mitglieder des CDU-Bundesvorstands, alle CDU-Bundestagsabgeordneten und weitere Funktionsträger der Partei. Zuvor war der Koalitionsstreit eskaliert. Politiker von Union und FDP bedachten einander mit Begriffen wie "Wildsau" oder "Gurkentruppe".

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Es sei schmerzhaft, dass "zurzeit mindestens ebenso viele Vertreter aus Union und FDP sich im Ton vergreifen wie Vertreter der Opposition", kritisierte der Generalsekretär. Das Erscheinungsbild der Koalition müsse besser werden. "Die Grundvoraussetzung dafür haben wir selber zu liefern: Geschlossenheit ."

In der Sache ging der Streit auf mehreren Feldern weiter. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) forderte die CSU im Ringen um eine Reform der gesetzlichen Krankenversicherung zum Einlenken auf. "Wenn die CSU bei ihrer Haltung bleibt, führt das zwangsläufig dazu, dass die Versicherten stärker belastet werden - und zwar ohne einen echten sozialen Ausgleich, wie ich ihn vorgesehen habe", sagte Rösler im Abendblatt-Interview. "In meinem ursprünglichen Konzept wurde das Milliarden-Kassendefizit fair und gerecht aufgeteilt: auf Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Steuerzahler. Das hat die CSU abgelehnt, weil sie die Arbeitgeber einseitig schonen wollte."

Rösler mahnte die Koalition zur Eile. "Wir brauchen sehr schnell eine pragmatische Lösung", sagte er. "Wenn man Dinge ablehnt, gehört es zum guten Stil, dass man selbst Vorschläge macht. Es geht nicht, dass die CSU jegliche Alternativen schuldig bleibt." Einsparungen seien schnell gefordert. Sie träfen allerdings "immer Menschen - Versicherte, Patienten, Beschäftigte", gab Rösler zu bedenken. Er prüfe deshalb "jeden Einsparvorschlag doppelt - wenn er denn kommt".

Forderungen aus der CDU nach einem höheren Spitzensteuersatz riefen den Widerstand von CSU-Chef Horst Seehofer hervor. Dafür habe er "keinerlei Verständnis", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnte höhere Steuern ab.

Im Streit um die Bundeswehr stärkte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg den Rücken. Zu dessen Erwägung, die Wehrpflicht auszusetzen, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Er soll und darf über alles nachdenken."