Union und FDP haben sich für Ursula von der Leyen als Bundespräsidentenkandidatin entschieden, wollen es aber noch nicht bestätigen

Berlin. Weil alles schon entschieden war, aber offiziell noch nichts bestätigt werden durfte, übten sich die Akteure der schwarz-gelben Koalition gestern in zwei Disziplinen: Spuren verwischen und Nebelkerzen werfen.

Es sei, auch wenn das manche behaupteten, noch gar nicht klar, dass Ursula von der Leyen tatsächlich die gemeinsame Kandidatin von CDU, CSU und FDP für die Nachfolge von Bundespräsident Horst Köhler werde, hieß es geradezu gebetsmühlenartig aus Fraktionen und Parteizentralen. Doch tatsächlich stand zu diesem Zeitpunkt bereits so gut wie fest, dass der Wunsch der Bundeskanzlerin, Ursula von der Leyen ins Schloss Bellevue zu befördern, von der eigenen Partei und von den kleinen Koalitionspartnern CSU und FDP mitgetragen wird. Sogar der Ort, an dem man Angela Merkels Allzweckwaffe morgen öffentlichkeitswirksam präsentieren will, war am Nachmittag bereits reserviert - die Bundespressekonferenz.

Angela Merkel hatte sich das Plazet des CDU-Präsidiums für Ursula von der Leyen in einer eilig anberaumten Telefonkonferenz am Dienstagabend geholt. Größeren Widerstand gab es nicht. Quasi zeitgleich waren in der Parteizentrale an der Berliner Reinhardtstraße auch die Mitglieder des FDP-Präsidiums zusammengekommen, um den Vorschlag der Kanzlerin zu erörtern, den der Vorsitzende Guido Westerwelle bereits seit den Morgenstunden kannte. Die zunächst kursierende Idee, Hermann-Otto Solms intern als möglichen Alternativ-Kandidaten ins Spiel zu bringen, wurde schnell verworfen: Als zu stark, zu populär galt der Name Leyen den Liberalen. Zumal - das sah man auch in dieser Runde ein - nun dringend ein Signal schwarz-gelber Handlungsfähigkeit hermusste.

Im CSU-Präsidium, in der Vergangenheit nicht der Ort, an dem die Koalitionsdisziplin stets heilig gehalten wurde, war die Stimmung ähnlich freundlich: Der Parteivorsitzende Horst Seehofer informierte die Mitglieder - ebenfalls telefonisch - über die Idee der Kanzlerin, die er für gut befand. Tatsächlich sieht Seehofer die sozialpolitischen Vorstellungen der studierten Medizinerin mit Sympathie. Das Verhältnis zwischen beiden ist ungetrübt. Und die Christsozialen stören sich auch nicht an der Vorstellung, dass die Schwesterpartei in diesem Fall Jürgen Rüttgers zum Arbeitsminister küren könnte, falls das Zustandekommen einer Großen Koalition unter Führung der CDU in Nordrhein-Westfalen nur ohne den bei der SPD ungeliebten Wahlverlierer möglich ist. Der selbst ernannte Arbeiterführer passe doch perfekt in das Berliner Ministerium, hieß es. Und das "Besetzungsrecht" habe ohnehin die CDU. Tatsächlich, so war aus Düsseldorfer Parteikreisen zu hören, würde Rüttgers' Verzicht auf den Posten des Regierungschefs die schwierigen Verhandlungen erleichtern. Wenn Merkel ihm die Alternative in Berlin anböte, sei das eher denkbar. Dass Merkel ihren Kanzleramtsminister Ronald Pofalla ins Arbeitsministerium schickt, sei aber unwahrscheinlich. Merkel könne auf den Vertrauten in ihrem engsten Umfeld wohl nicht verzichten.

Die Oppositionsparteien wollen mit ihrer Entscheidung über eigene Kandidaten warten, bis von der Leyen ausgerufen wurde. SPD und Grüne könnten sich gegebenenfalls auf eine Gegenkandidatur einigen, hieß es. Namen dürften auf der Sitzung des SPD-Präsidiums am Montag diskutiert werden. Einen gemeinsam mit der Linkspartei abgestimmten Kandidaten werde es aber nicht geben. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisierte unterdessen in der "Super Illu", es gehe zurzeit offenbar nur darum zu demonstrieren, "dass diese Kanzlerin ach so handlungsfähig ist".

Die Linke favorisiert als Nachfolger von Köhler eine Person, die nicht aus der aktiven Politik heraus kandidiert. "Die neue Präsidentin oder der neue Präsident sollte Weisheit mitbringen", sagten die Linke-Chefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. Die Nominierung eines Kandidaten aus der aktiven Politik heraus sei tendenziell nicht geeignet, diese Anforderung zu erfüllen.