„Wer in das Kanonenrohr eines Leopard 2 schaut, überlegt sich zweimal, ob er eine deutsche Patrouille angreift“, so der designierte Wehrbeauftragte.

Berlin. Nach den blutigen Gefechten am Karfreitag bei Kundus werden die Forderungen nach einer massiven Aufrüstung der Bundeswehr in Afghanistan immer lauter. Ex-Militärs verlangen unter anderem mehr Kampf- und Transporthubschrauber, Aufklärungsdrohnen und Artillerieunterstützung. Der designierte Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sprach sich am Dienstag für den Einsatz schwerer Kampfpanzer aus: „Wer in das Kanonenrohr eines Leopard 2 schaut, überlegt sich zweimal, ob er eine deutsche Patrouille angreift.“ Einhellig mahnten Politiker von Koalition und Opposition an, die Situation nicht länger zu beschönigen und den Gefahren des Afghanistan-Einsatzes ins Auge zu sehen. Der Zustand der vier schwer verwundeten Soldaten blieb am Dienstag stabil. Am Freitag findet eine Trauerfeier in Niedersachsen für die drei im Gefecht mit den radikalislamischen Taliban gefallenen Fallschirmjäger statt. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird daran teilnehmen.

Der CSU-Politiker hatte am Sonntag auf einer Pressekonferenz zugesagt, mögliche Konsequenzen aus dem blutigen Gefecht zu prüfen. Kritik an der Ausrüstung wies er allerdings zunächst zurück. Vor allem Ex-Militärs halten das Material, mit dem die Bundeswehr in Afghanistan agiert, für unangemessen. „Die jungen Soldatinnen und Soldaten werden von einer Nation geopfert, die ihnen alles an nötiger Technik zur Verfügung stellen könnte“, sagte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, der „Sächsischen Zeitung“. „Das ist ungeheuerlich.“ Die notwendige Ausrüstung werde immer zu spät, halbherzig und inkonsequent zur Verfügung gestellt. Als Beispiele nannte er die mangelnde Fähigkeit zur strategischen Luftaufklärung und fehlende moderne Mörser. Zudem forderte er ein Streitkräfteführungs- und Informationssystem und eine Truppenverstärkung.

Der frühere Planungschef im Verteidigungsministerium, Ulrich Weisser, sagte dem Internetportal der „Bild“ -Zeitung (Dienstag), es sei inakzeptabel, dass die Bundeswehr in Afghanistan nicht über einen einzigen Kampfhubschrauber verfüge. „Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden.“ Das forderte auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold in der „Leipziger Volkszeitung“ (Dienstag). „Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Verteidigungsminister mit unseren Partnern eine Lösung gesucht hätte.“

Kampfhubschrauber vom Typ „Tiger“ sollten eigentlich längst im Einsatz sein. Wegen technischer Mängel werden neun Exemplare aber immer noch geprüft. Die Bundeswehr schätzt, dass sie nicht vor Ende 2011 eingesetzt werden können. Frankreich setzt eine andere Version des „Tigers“ dagegen schon seit Mitte vergangenen Jahres in Afghanistan ein.

Königshaus forderte im „Tagesspiegel“ (Mittwoch) neben Kampfpanzern und Mörsern auch Hubschrauber und moderne Aufklärungssysteme. Sein Vorgänger im Amt des Wehrbeauftragten, Reinhold Robbe (SPD), bemängelte das Training für Gefechtssituationen vor dem Einsatz. Der SPD-Politiker hatte die Seedorfer Fallschirmjäger, die von den Taliban am Karfreitag eingekesselt worden waren, bei ihrer Verabschiedung in den Afghanistan-Einsatz besucht. „Die Soldaten haben mich darauf hingewiesen, dass es Defizite bei der Ausbildung gibt“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Dienstag). Sie hätten nicht ausreichend Fahrzeuge der Typen „Dingo“ und „Fennek“ zu Trainingszwecken gehabt. „Da werden beispielsweise Kraftfahrer in den Einsatz geschickt, die erst im Einsatzland richtig an den Fahrzeugen ausgebildet werden.“

Der Parlamentarische Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt (CSU) räumte ein, Politik und Öffentlichkeit hätten sich in den ersten Jahren des Einsatzes „etwas vorgemacht“. Es sei „beschönigt worden, dass es in Afghanistan gewalttätige bewaffnete Auseinandersetzungen mit Toten und Gefallenen gibt“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag). „Wir führen eine kriegerische Auseinandersetzung. Es geht nicht nur um Brunnen bohren.“ Auch der SPD-Politiker Arnold mahnte zu mehr Realitätssinn. „Wir wissen, dass Soldaten getötet werden können. Alles andere wäre blauäugig.“ Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) forderte seinen Nachfolger Guttenberg auf, einen Rat ehemaliger Generalinspekteure der Bundeswehr einzuberufen. Erfahrene Ex-Militärs sollten mit einbezogen werden in die Diskussion um eine bessere Bewaffnung der Bundeswehr in Afghanistan, sagte Rühe der „Bild“- Zeitung (Dienstag).