Der Bundesgesundheits- minister will mit dem Sparpaket das Preisdiktat der Pharmaindustrie brechen.

Berlin/Hamburg. Philipp Rösler kommt nicht allein. Der Gesundheitsminister aus der FDP hat die wichtigsten Experten von Schwarz-Gelb an seiner Seite, als er aus dem gläsernen Fahrstuhl steigt, um den Sparplan für die Pharmabranche zu verkünden: Ulrike Flach (FDP), Johannes Singhammer (CSU) und Jens Spahn (CDU). Die Botschaft: Wir sind uns einig. Rösler will das Preisdiktat der Pharmaindustrie bei innovativen Medikamenten brechen. Ein Vorstoß, den bisher keiner seiner Vorgänger im Gesundheitsministerium durchgesetzt hat: "Wir werden dafür sorgen, dass die Pharmaunternehmen nicht mehr einseitig und allein die Preise für Arzneien bestimmen können." Ab 2011 sollen dadurch die gesetzlichen Kassen jährlich 1,5 Milliarden Euro sparen.

- Will eine Pharmafirma ein neues Medikament auf den Markt bringen, muss sie eine Kosten-Nutzen-Rechnung vorlegen und belegen, welchen Zusatznutzen es im Vergleich zu eingeführten Mitteln hat.

- Arzneimittel ohne Beleg für einen Zusatznutzen "sollen künftig direkt in das Festbetragssystem" einbezogen werden, bei dem der Hersteller den Preis nicht frei festlegen darf.

- Bei neuen Arzneimitteln vereinbart der Hersteller mit dem Spitzenverband der Krankenkassen innerhalb eines Jahres nach Zulassung einen Rabatt auf den Abgabepreis für alle Krankenkassen.

- Der Abschlag für Arzneimittel ohne Festbetrag wird von sechs auf 16 Prozent angehoben.

Die Krankenkassen nahmen das Sparpaket mit gemischten Reaktionen auf. "Durch die vorgesehene Schnellbewertung neuer patentgeschützter Arzneimittel kann es gelingen, die Spreu vom Weizen zu trennen", hofft Herbert Reichelt, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Die AOK beklagt aber, dass die Patienten künftig bei Medikamenten zuzahlen könnten, die nicht unter die Rabattverträge ihrer Kasse fallen. Dann, so Reichelt, müsse ja der Rabatt offengelegt werden. Das verstoße gegen das Vergaberecht. Die Vorstandschefin der Barmer GEK, Birgit Fischer, begrüßt den Sparkurs, bemängelt aber: "Für 2010 werden keine Einsparungen erzielt." Die Politik solle besser die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf sieben Prozent senken. "Dadurch könnten die Ausgaben um 2,8 Milliarden Euro reduziert werden."

Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) sprach von "Zwangsmaßnahmen". Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer sagte, Rösler wolle Vertragsverhandlungen "in die Hand eines Kassenmonopols legen". Auch die Hersteller von Pillen, deren Patent schon abgelaufen ist, schäumen: Peter Schmidt, Geschäftsführer von Pro Generika, lehnte die Vorschläge ab. Patienten, die ihr bekanntes Medikament wollten und nicht das, das die Kasse vorschlägt, dürften ihre Extrakosten nicht auf ihre Belastungsgrenze anrechnen. Das treffe vor allem chronisch kranke Rentner und Niedrigverdiener.