Berlin. Mit einer Feierstunde würdigte der Bundestag gestern die erste und einzige freie Volkskammerwahl, bei der sich am 18. März 1990 die überwältigende Mehrheit der DDR-Bürger zur deutschen Einheit bekannt hatte. "Ich werde, solange ich lebe, zu jeder freien Wahl gehen", betonte Lothar de Maizière, der letzte DDR-Ministerpräsident, in seiner Gedenkrede. Der Anwalt, der Ende 1989 den Vorsitz der ehemaligen Block-CDU übernahm, hatte als Spitzenkandidat der bürgerlichen "Allianz für Deutschland" die Wahl mit 48 Prozent gewonnen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert bezeichnete das letzte Parlament der DDR als "politische Herzkammer" der neu gewonnenen Demokratie und dankte den 409 damals gewählten Abgeordneten der Volkskammer, von denen viele als Gäste an der Feierstunde teilnahmen. Auch Angehörige der Bürgerbewegung und Mitglieder der letzten DDR-Regierung sowie Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker waren anwesend.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier schlug vor, zur Erinnerung an den demokratischen Wandel der DDR in Berlin einen Platz nach der Volkskammer zu benennen, da man die Erinnerung an die historischen Orte wachhalten müsse. Genau das sei bisher nicht geschehen, bemängelte die damalige Volkskammer-Präsidentin Sabine Bergmann-Pohl in einem Rundfunk-Interview. Kaum jemand wisse, dass im abgerissenen Palast der Republik die Wiedervereinigung durch den Beitritt beschlossen worden sei. "Dies stimmt mich traurig, weil es auch eine Ignoranz gegenüber der Volkskammer und auch der Regierung de Maizière ist", sagte die CDU-Politikerin.