Durchwachsene Bilanz beim Jubiläumstreffen der Wissenschaftsminister in Budapest. Die Stofffülle in den Universitäts-Fächern soll abnehmen.

Berlin/Hamburg. Zehn Jahre Bachelor und Master an Europas Universitäten - aber kaum einem ist zum Feiern zumute. Monatelange und sehr massive Studentenproteste quer durch Europa und Nachbesserungsversuche von Bildungspolitikern überschatten die "Bologna-Jubiläums-Konferenz", zu der sich gestern Wissenschaftsminister von 46 Staaten in Budapest trafen.

Im Zentrum des Gipfels der Fachminister, der heute zu Ende geht, steht die Frage, wie sich das vor zehn Jahren in Bologna beschlossene und dann sukzessive eingeführte System der aufeinander aufbauenden Abschlüsse Bachelor, Master und Promotion nachträglich so verbessern lässt, dass man dem eigentlichen Hauptziel der Reform - der Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums - näher kommt.

Die Möglichkeiten der Politik, das wurde gestern deutlich, sind begrenzt. So rief Bundesbildungsministern Annette Schavan (CDU) vor Beginn des Treffens in Budapest in der "Frankfurter Allgemeinen" erneut die Hochschulen dazu auf, ihre Studiengänge nicht mit zu viel Spezialwissen zu überfrachten, da das die Mobilität der Studierenden erschwere. "Wo Studiengänge entstanden sind, deren Abschlüsse dann woanders nicht anerkannt werden, wird Bologna konterkariert", kritisierte Schavan, die einige Kritikpunkte der protestierenden Studenten zu ihren eigenen gemacht hat.

Tatsächlich gibt es immer noch gravierende Probleme bei der wechselseitigen Anerkennung von Studienabschlüssen, die eigentlich durch die überall gleichen Titel "Bachelor" und "Master" erleichtert werden sollte. Der Grund: Es existieren kaum Vorgaben, welche Inhalte in dem in der Regel auf nur sechs Semester angelegten Bachelor-Studium vermittelt werden sollen. Schavan kritisierte erneut auch die Stofffülle und die vielen Prüfungen, die nunmehr den Studienalltag prägen und ebenfalls von Studierenden im In- und Ausland öffentlich angeprangert wurden.

Die "kritischen Stimmen" von Studierenden und Lehrpersonal sollen künftig bei der Weiterentwicklung stärker Gehör finden, kündigte der parteilose Magdeburger Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz an, der als Vertreter der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK) teilnimmt. Der SPD-Bildungspolitiker Swen Schulz forderte Schavan auf, den Studienpakt endlich auf den Weg zu bringen und mit den notwendigen finanziellen Mitteln auszustatten, um die Qualität der Lehre zu verbessern. Statt weiterer Bilanzgipfel müssten jetzt politische Entscheidungen getroffen werden, um die Versprechungen einzuhalten, die man den protestierenden Studierenden in den vergangenen Monaten gegeben habe.

Doch die Verantwortung für die Organisation im Detail liegt in Deutschland bei den zuständigen Fachministern der Länder.

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) sagte dem Abendblatt, der Reformprozess trete nun in "seine zweite Phase". Auf ihre Initiative hin habe man sich mit den Hochschulen bereits auf einen Maßnahmenkatalog geeinigt. Dazu zählten auch die Reduzierung der Stofffülle, die Auflockerung der Anwesenheitspflicht in den Seminaren und die Verringerung der Zahl der Prüfungen. Kommen sollen auch vereinfachte Anerkennungsverfahren von Studien- und Prüfungsleistungen anderer Hochschulen. Séverin Pabsch, Vorstand der Studentenvertretung AStA an der Uni Hamburg, sagte: "Wenn das neue System Akzeptanz finden soll, muss den Studierenden vor allem der hohe Druck genommen werden."