Vor allem aber will Westerwelle deutschen Unternehmen die Türen öffnen. Elf Manager begleiten den FDP-Chef in Lateinamerika.

Hamburg/Santiago. Eigentlich war dieser Besuch gar nicht vorgesehen. Doch angesichts des verheerenden Erdbebens am 27. Februar hatte Guido Westerwelle die Kurzvisite in Chiles Hauptstadt Santiago de Chile rasch seiner einwöchigen Südamerika-Tournee vorgeschaltet, die ihn außerdem nach Argentinien, Uruguay und Brasilien führt. So kam es, dass der deutsche Außenminister als erster europäischer Spitzenpolitiker seit der Naturkatastrophe mit mindestens 452 Toten - Dutzende weitere sind wohl noch nicht geborgen - dort erschien. US-Außenministerin Hillary Clinton war bereits da, Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon auch, aber noch kein Europäer, nicht einmal die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Bis zu Westerwelles Ankunft in Santiago eben.

Entsprechend herzlich war der Empfang - zumal der FDP-Chef nicht mit leeren Händen kam. Kaum war der deutsche Regierungs-Airbus auf dem Militärflughafen von Santiago gelandet, begannen Helfer mit dem Ausladen der Hilfsgüter: ein Stromgenerator, ein Dialysegerät, Wasserbehälter und andere Güter im Gesamtwert von 630 000 Euro.

Noch auf dem Rollfeld übergab Westerwelle seinem chilenischen Amtskollegen Mariano Fernandez ein Zelt und erklärte: "Wir wollen zeigen, dass wir unsere Freunde in der Stunde der Not nicht vergessen. Ich hoffe, dass wir einen kleinen Beitrag leisten können, die Not zu lindern."

Im Verhältnis zur neuen, offiziellen Schätzung über den Wiederaufbau-Bedarf ist Westerwelles Beitrag in der Tat klein: Die Chilenen gehen von umgerechnet 880 Millionen Euro aus. Das eigentliche Erdbebengebiet um die Stadt Conceptión, Hunderte Kilometer von Santiago entfernt, besuchte der Außenminister allerdings nicht. Dennoch hatten die Gastgeber plötzlich Bedenken, ob die Statik des Regierungspalastes den Belastungen eines Staatsempfanges wohl gewachsen wäre. Das auf dem Flughafen begonnene Gespräch mit Fernandez wurde stattdessen im Palacio de la Moneda fortgesetzt. Fernandez hatte schon auf dem Rollfeld seine begrenzten Deutschkenntnisse mobilisiert - woraufhin Westerwelle ihn ermutigte: "Sprechen Sie ruhig Englisch." Der neu gewählte Präsident Sebastián Piñera, ein Multimillionär, empfing Westerwelle dann auf seinem ausgedehnten Privatanwesen.

Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Chiles in der EU. Westerwelle hat daher elf Manager mit nach Südamerika genommen, darunter einige, die als ausgesprochen FDP-nah gelten. Nach Prüfung diverser Westerwelle-Reisen schrieb der "Spiegel", manche seiner Dienstreisen ähnelten "FDP-Betriebsausflügen". Linke und Grüne wollen nun wissen, ob Spender der FDP dabei bevorzugt behandelt würden. Westerwelle winkte ab: Der Bericht sei "tendenziös" und "voller haltloser Unterstellungen". Sein Lebensgefährte Michael Mronz ist - wie in Asien - auch in Südamerika dabei und überreichte als Vorstandsmitglied der Stiftung "Ein Herz für Kinder" einen Scheck über 20 000 Euro. Das Auswärtige Amt betonte, Mronz nutze die Reisen mit dem Minister nicht zur Geschäftsanbahnung.

Westerwelle sagte eine Station weiter im argentinischen Buenos Aires zur wirtschaftlichen Bedeutung seiner Reise: "Es wird ein Kernanliegen meiner Außenpolitik sein, Türen zu öffnen für deutsche Unternehmungen." Er wolle den Ausbau der Beziehungen zu Südamerika zu einem Schwerpunkt seiner Amtszeit machen. "Ich glaube, dass der südamerikanische Kontinent insgesamt in Europa immer noch sehr unterschätzt wird", sagte er vor seinem Treffen mit Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner. Deutschland habe an dem Kontinent nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen ein "strategisches Interesse".