Die Forderungen nach Wiedergutmachung und Reformen in der katholischen Kirche werden im Missbrauchsskandal an Jesuiten-Kollegs und anderen katholischen Schulen immer lauter.

Die Forderungen nach Wiedergutmachung und Reformen in der katholischen Kirche werden im Missbrauchsskandal an Jesuiten-Kollegs und anderen katholischen Schulen immer lauter. Grünen-Chefin Claudia Roth verlangte am Dienstag eine glaubwürdige Antwort der Kirche, „wie sie das schwere seelische Leid bei vielen Menschen wiedergutmachen“ und „wie sie verhindern will, dass sich so etwas wiederholt“. Roth sieht da vor allem die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer Frühjahrstagung in der kommenden Woche in der Pflicht.

Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann forderte eine Änderung der repressiven Sexualmoral der katholischen Kirche. Inzwischen sind deutschlandweit schon mehr als 100 Missbrauchsopfer bekannt. Die meisten Betroffenen besuchten eins der drei Jesuiten- Gymnasien. Die Fälle liegen rund 30 Jahre zurück.

Der in München ansässige Jesuiten-Orden in Deutschland reagierte verhalten auf die Ankündigung der Berliner Opfer-Anwältin Manuela Groll, mehrere der von ihr vertretenen Opfer wollten eine finanzielle Entschädigung. „Es ist nicht daran gedacht, dass der Orden von sich aus Entschädigungszahlungen anbietet“, sagte der Sprecher des Jesuiten-Ordens, Thomas Busch, am Dienstag der Deutschen Presse- Agentur dpa. „Es gibt keinen Blankoscheck.“ Wenn Anwälte Entschädigungen forderten, werde das juristisch geprüft, sagte Busch. Dieser Prozess werde jedoch nicht öffentlich kommentiert.

Die Ausweitung des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche ändere an der grundsätzlichen Bewertung nichts, sagte der Jesuiten-Sprecher. „Das Entsetzen und die Scham über den Missbrauch quantifiziert sich nicht durch die Zahl der Opfer. Jedes Opfer ist eins zu viel“, sagte Busch. Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Erzbistums Berlin.

Die Berliner Jesuiten laden an diesem Aschermittwoch zu einem Gebet ein. „Tief betroffen von den Zeugnissen der Überlebenden sexueller Gewalt“ möchten sich die Jesuiten vor Gott im Gebet versammeln, teilte der Orden in Berlin im Internet mit. „Wir möchten im stillen Gebet vor Gott und der Öffentlichkeit unsere Scham und Trauer ausdrücken über die Schuld einzelner Jesuiten und die Katastrophe institutionellen Wegsehens.“

Nach Ansicht Drewermanns sind die Strukturen der katholischen Kirche für den Missbrauchsskandal mitverantwortlich. „Der kardinale Fehler der katholischen Kirche besteht darin, ihre Kleriker zu nötigen, zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe zum Menschen alternativisch zu wählen“, sagte Drewermann im dpa-Gespräch. Er kritisierte das Heiratsverbot für Priester und die repressive Sexualmoral. Hier müsse die Kirche Roms dazu lernen.

Der Augsburger Bischof Walter Mixa bestreitet dagegen einen solchen Zusammenhang. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Pädophilie (strafbarer Sex mit Kindern) und dem Zölibat, darauf hätten unabhängige Experten hingewiesen, sagte der Bischof der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag). „Der ganz überwiegende Teil entsprechender Sexualstraftaten wird von verheirateten Männern, oft im verwandtschaftlichen Umfeld der Opfer, begangen“, sagte Mixa.

Grünen-Chefin Roth erwartet von der Bischofskonferenz einen „grundlegend neuen und angemessenen Umgang mit Missbrauchsfällen in Institutionen der katholischen Kirche“. Schließlich gehe es um schwere Straftaten und um deren Vertuschung. Der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, der die Missbrauchsaffäre Ende Januar selbst öffentlich gemacht hat, erwartet von der Debatte auf der Bischofskonferenz „Unterstützung und Ermutigung“.