Hamburg. Jeden Tag bekommt die Hamburger Steuerfahndung Hinweise auf Gelder, die am Fiskus vorbeigeschummelt werden. Entlassene Arbeitnehmer melden sich, manchmal Ehepartner oder Geliebte. Dann wiederum wollen konkurrierende Geschäftsleute mutmaßliche Steuersünder anzeigen. Auch das Internet gibt Hinweise: Sogenannte "Power-Seller" wickeln in dem Online-Auktionshaus Ebay ihre Geschäfte ab. Manchmal mehrere Hundert pro Tag. Auch dort hinterlassen Steuersünder Spuren. Die Jagd nach ihnen ist in Deutschland Ländersache. Diese entscheiden darüber, wie viele Finanzbeamte für die Steuerfahndung arbeiten.

Bundesweit beziffert die Deutsche Steuer-Gewerkschaft die Zahl der Steuerfahnder auf rund 2600. Das Finanzministerium in Berlin kann keine genauen Angaben dazu machen. 2008 hatten die Fahnder insgesamt 31 537 Fälle auf ihren Schreibtischen. Darunter Kleinunternehmer und Privatleute, den ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel - und immer auch Steuersünder, die ihr Geld auf ausländische Konten schafften. "Klassisch im Kofferraum, vorbei an den Grenzposten. Oder per Banküberweisung. Doch jede Überweisung hinterlässt digitale Spuren. Das ist ein Risiko", sagt Martin Wulf, Fachanwalt für Steuerstreit und Steuerfahndung. Teilweise überweisen auch ausländische Geschäftspartner das Geld auf Konten in Liechtenstein, auf die Kaimaninseln oder eben in die Schweiz.

Die Jagd nach den Steuerhinterziehern ist härter geworden - trotz der Digitalisierung. Und gerade wegen ihr. Oft ist es bei den Durchsuchungen vor Ort für die Hamburger Steuerfahnder schwierig, einen digitalen Datenspeicher von einem Kugelschreiber oder einem Feuerzeug zu unterscheiden. Was früher in wuchtigen Ordnern in den Regalen lag, ist heute auf eine dünne Scheibe gepresst. Tausende Ordner passen auf eine CD, deren Datenmasse gesichtet werden muss.

Bei Durchsuchungen sind mindestens zwei Beamte im Einsatz, stehen große Firmen oder Bankzentralen unter Verdacht, können es 100 sein. Oft an mehreren Orten gleichzeitig: im Haus des Beschuldigten, seinem Büro oder dem des Steuerberaters. Manchmal auch in der Ferienwohnung. Und immer unbewaffnet. "Obwohl sich Einsätze häufen, bei denen mit einer Gefährdung gerechnet werden muss", sagt Daniel Stricker, Sprecher der Hamburger Finanzbehörde. Dann holen sich die Fahnder Hilfe von der Polizei.

Deutschlands Steuersünder werden nervös. "Seit dem aktuellen Steuerstreit mit der Schweiz beraten wir mehr Mandanten, die sich selbst anzeigen", sagt der Anwalt Martin Wulf. Und mit der europäischen Integration wird das Informationsnetz der Fahnder dichter. "Die EU-Länder sind verpflichtet, Konten von Ausländern den jeweiligen anderen Staaten mitzuteilen. Sie tauschen sich über die Höhe von Einkünften aus", so Wulf.