Baden-Württemberg hat ein Angebot zum Kauf von mutmaßlichen Steuersünder-Daten bekommen. Erste Selbstanzeigen.

Berlin. Auch den baden-württembergischen Behörden liegt ein Angebot zum Kauf von Daten über mutmaßliche Steuerhinterzieher vor. Die Datensätze beträfen Kunden verschiedener Schweizer Banken und Versicherungen, sagte ein Sprecher des Stuttgarter Finanzministeriums der Frankfurter Rundschau (Samstagausgabe) laut Vorabbericht. Man habe bereits im vergangenen Jahr Stichproben erhalten. Nun habe der Anbieter „erhebliche Mengen“ an Daten nachgeliefert. Die Daten beträfen Steuerpflichtige aus dem gesamten Bundesgebiet. Dem Bericht zufolge geht es um Daten von rund 2000 mutmaßlichen Steuersündern.

Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, diese kaufen. „Derzeit laufen Stichproben. Danach werden wir mit dem Bund die Frage des Ankaufs regeln“, sagte Stächele der Süddeutschen Zeitung (Samstagsausgabe). „Wenn alle rechtliche Fragen geklärt sind, bin ich dafür, die Daten zu kaufen“, sagte er.

Das Ausmaß der Schweiz-Steueraffäre ist nach Angaben der Bundesregierung noch nicht absehbar. Spekulationen, die gestohlenen Bankdaten könnten einen Steuerbetrug von bis zu 400 Millionen Euro entlarven, seien unseriös. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte den geplanten Kauf der Steuersünder-CD. Steuerhinterziehung sei alles andere als ein Kavaliersdelikt. Bei Selbstanzeigen ist eine große Welle bisher ausgeblieben. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa in elf Bundesländern ergab, gingen bei Finanzämtern bis Freitag nur vereinzelte Meldungen ein.

Medienberichten zufolge sollen insgesamt bis zu 100.000 Deutsche rund 23 Milliarden Euro an der Steuer vorbei auf Schweizer Konten versteckt haben. Auf der Steuer-CD sollen bis zu 1500 Namen stehen. Wie viele davon tatsächlich Steuern hinterzogen haben, ist offen.

Die Schweizer Banken wehren sich gegen einen automatischen Informationsaustausch mit den EU-Ländern über ihre Kunden. Einen solchen massiven Eingriff in die Privatsphäre könne die Schweiz nicht akzeptieren, sagte der Geschäftsführer der Schweizerischen Bankiervereinigung, Urs Roth, der „Berner Zeitung“. Finanzminister Hans-Rudolf Merz hatte angedeutet, dass für die Schweiz ein von der Europäischen Union seit langem geforderter und dort üblicher automatischer Informationsaustausch möglich wäre.

„Solche Aussagen sorgen für Unsicherheit“, sagte Roth. Dass Deutschland für gestohlene Bankdaten aus der Schweiz zahle, sei ungeheuerlich. „Dass ein Rechtsstaat Unrecht mit Unrecht vergilt, geht doch einfach nicht.“ Dies komme einer Einladung an potenzielle Datendiebe gleich. Die Schweizer Banken forderten ihre Regierung auf, in den Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland mit harten Bandagen zu kämpfen.

In Niedersachsen gingen inzwischen zehn Selbstanzeigen ein. Das Finanzministerium in Hannover teilte mit, dass es um nicht versteuerte Einnahmen von insgesamt mehr als 3 Millionen Euro gehe. Für den Staat bedeute das rund 1,2 Millionen Euro mehr Steuern. Bei den hessischen Finanzämtern meldeten sich diese Woche 27 reuige Steuersünder. Auch in anderen Ländern zeigten sich Bürger selbst an. Offen blieb, ob es einen direkten Zusammenhang zur Schweiz-Affäre gab.

Neben dem Finanzministerium zweifeln auch Steuerexperten die Größenordnung der Affäre an. „Das werden keine 400 Millionen Euro sein“, sagte der Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht, Andreas Hagenkötter, der dpa. Die Regierung baue eine Drohkulisse auf, damit es möglichst viele Selbstanzeigen gebe. Schon bei der Steueramnestie 2004/2005 seien fünf Milliarden Euro eingeplant gewesen – doch nicht einmal eine Milliarde sei geflossen. Der vor zwei Jahren aufgedeckte Liechtenstein-Skandal hat dem Staat bisher rund 200 Millionen Euro eingebracht.