Zur Verschleierung der Zahlungswege wurden Namen aus Todesanzeigen benutzt, behauptet der Waffen-Lobbyist. Die CSU bestreitet, illegal Geld angenommen zu haben.

Augsburg. Karlheinz Schreiber inszeniert seinen Auftritt. Nur häppchenweise rückt der Allgäuer Waffenlobbyist mit seiner Version heraus, wie in den 80er- und 90er-Jahren Unternehmen und Politik für geschmierte Geschäfte auf Gegenseitigkeit sorgten. "Es hat keinen Auftrag ohne Gegenleistung gegeben", hatte Schreiber zum Auftakt des Prozesses am Montag vor der 9. Strafkammer des Landgerichts Augsburg erklären lassen.

Am zweiten Prozesstag reicht der 75-jährige Angeklagte, dessen Aktivitäten die Parteispendenaffäre der CDU auslösten, neue Details seiner Vermittlerarbeit nach: Laut Schreiber haben die CSU und einzelne CSU-Mitglieder "einen beachtlichen Teil der Schmiergelder" für die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern aus Bundeswehrbeständen an Saudi-Arabien im Jahr 1991 kassiert. Diese Parteispenden wurden mit einem makabren System verschleiert.

Franz Josef Dannecker, ein 1992 verstorbener Vertrauter des ehemaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, soll diese illegalen Machenschaften organisiert haben: Wenn das Geld "in die offizielle Parteikasse sollte", habe Dannecker die Spenden gestückelt. "Dafür hat er oft Todesanzeigen aus den Zeitungen genommen und irgendwelche verstorbenen Personen als angebliche Spender eingetragen", heißt es in der Erklärung Schreibers, die sein Anwalt Jan Olaf Leisner, gestern vortrug. Mit dieser Stückelung sollte verhindert werden, dass die Spenden die meldepflichtige Grenze überschritten - und Tote konnten den Finanzbehörden keine Auskunft mehr geben. Nach Schreibers Ausführungen habe es bei der CSU aber auch noch "eine andere innoffizielle Kasse" gegeben. Demnach wurde über die Briefkastenfirmen ATG in Panama und IAL in Liechtenstein Schmiergeld für die CSU auf ein Nummernkonto in der Schweiz überwiesen. Dort hob Schreiber entweder Bargeld ab oder überwies sie in Abstimmung mit Dannecker weiter. Franz Josef Strauß sei in diese "Verwaltung sensibler Spenden" eingeweiht gewesen. "Die beiden haben sich in meiner Gegenwart darüber unterhalten."

Fünf Beispiele für diese Spendenpraxis aus dem Jahr 1991, die Schreibers Erklärung auflistet, summieren sich auf eine Summe von umgerechnet rund 1,4 Millionen Mark. Insgesamt flossen bei dem Panzer-Geschäft rund 200 Millionen Mark. 24 Millionen davon flossen "formell" auf Schreibers Konten, sie seien "aber anderen Personen zuzurechnen".

Am Rande der Verhandlung sagte Schreibers Anwalt Leisner, dass nicht nur die CSU, sondern "alle vier damals agierenden Parteien" von diesen 24 Millionen Mark profitierten, also auch CDU, SPD und FDP. Beweise oder Belege für seine Behauptungen bleibt der Angeklagte allerdings beharrlich schuldig. Auch auf Drängen des Vorsitzenden Richters Rudolf Weigell bleibt Schreiber stumm. Selbst als der Richter eine Überweisung vorlegt, die Schreibers Unterschrift trägt, will der Angeklagte nicht bestätigen, dass es sich um seine Signatur handelt. Die Verteidigung wirkt in die Defensive gedrängt. Gebetsmühlenhaft muss sie auf jede Nachfrage des Gerichts entgegnen, dass sich Schreiber beizeiten schon noch äußern werde, aber nicht jetzt, weil die Zusammenhänge so kompliziert seien. "Wo man etwas überprüfen könnte, kommt von Schreiber gar nichts. Interessanterweise ist der einzige Zeuge wieder mal ein Toter", kommentiert der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz Schreibers Taktik.

Und die CSU bestreitet, illegale Spenden von Schreiber angenommen zu haben. Der ehemalige CSU-Generalsekretär Thomas Goppel schloss zwar nicht aus, dass die Partei Geld von Schreiber angenommen hat, aber keinesfalls auf illegale Art. "Auf dem Wege, wie er das behauptet, gab es Spenden nicht", sagte Goppel. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, die CSU-Landesleitung wisse von solchen Dingen nichts.

Zu den eigentlichen Vorwürfen der Anklage - Schreiber soll von 1988 bis 1993 bei Provisionsgeschäften für Flugzeuge und Panzer mehr als elf Millionen Euro Steuern hinterzogen haben, bringen seine Erklärungen wenig Erhellendes. Solange er alle Vorwürfe abstreitet, ist auch kein strafmildernder Deal mit der Anklage in Sicht, für weitere "Enthüllungen" ohne Nachweise bleibt aber viel Raum. Der Prozess ist bis Mitte Mai angesetzt.