Vorsitzender Sigmar Gabriel sagt lange Aufbauzeit von 24 Monaten voraus, sieht aber “täglich mehr Sparringspartner auf der Bühne“.

Berlin. Der Parteivorsitzende wirkte etwas müde und leicht derangiert. Aber er war trotz der gerade beendeten Parteiklausur in Geberlaune. Genüsslich berichtete der SPD-Chef den versammelten Journalisten vom "ersten Tagesordnungspunkt". Das sei natürlich die Millionenspende an die FDP gewesen, sagte Sigmar Gabriel gestern in Berlin. Er sprach von einem "Skandal" und setzte mit einem süffisanten Lächeln hinzu, scheinbar könne man in Deutschland jetzt Parteien mieten. "Auch die Leasingrate ist bekannt!"

Auf das aus Sigmar Gabriels Sicht Angenehme, das mokante Herumhacken auf der Konkurrenz, folgte das weniger Vergnügliche. Der Blick auf den Zustand der eigenen Partei. 24 Monate, sagte Gabriel, werde die SPD brauchen, um eine glaubwürdige und finanzierbare Alternative zum Programm der schwarz-gelben Bundesregierung zu entwickeln. "Wir glauben", sagte er, "dass sich die SPD in den nächsten Monaten und Jahren inhaltlich fokussieren soll auf Arbeitnehmerpolitik - und insbesondere im Bereich von Organisation von sozialem Aufstieg und Teilhabe." Aufstieg und Teilhabe seien schließlich seit nahezu 150 Jahren das Kernthema der SPD.

Teilhaben können an der Profilierung der angeschlagenen Partei nun auch Nichtmitglieder. Sie sollen zu Gesprächsforen und in die "Zukunftswerkstätten" eingeladen werden, in denen es neben Themen wie Bildung, Familie, Kinder und Integration vor allem um den gesellschaftlichen Zusammenhalt gehen wird.

Vor allem solle in den nächsten Monaten die Arbeitsmarktpolitik überprüft werden, kündigte der Parteivorsitzende an. Die unter Rot-Grün gelockerte Regulierung der Zeitarbeit solle in Teilen zurückgenommen werden. Die damals eingeführte Möglichkeit, auf der Grundlage von Tarifverträgen vom Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" abweichen zu können, habe ein "Scheunentor für Armutslöhne" geöffnet, sagte Gabriel. Eine Steuerungsgruppe sei außerdem beauftragt, Ende Februar, Anfang März einen ersten Vorschlag für Hartz-IV-Korrekturen in das SPD-Präsidium einzuspeisen. Dieses Papier sei dann aber keineswegs beschlossene Sache, sondern nur eine Diskussionsgrundlage für die Gesprächsrunden an der Basis. Die Frage, ob Korrekturen an der Hartz-IV-Reform nicht ein Affront gegen den SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier seien, der die Hartz-IV-Gesetze unter Bundeskanzler Gerhard Schröder maßgeblich mit ausgearbeitet habe, parierte Gabriel leichter Hand mit dem Hinweis, er selbst sei auch beteiligt gewesen. "Ich kann Ihnen", so Sigmar Gabriel kurz, "Ihre Schlagzeile nicht liefern. Ich kann mich immer nur selbst kritisieren."

Zuerst steht allerdings das Thema Afghanistan auf der SPD-Agenda. Ein gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier verfasstes Positionspapier werde den 600 Teilnehmern der Tagung zugehen, die die SPD am Freitag veranstalte, erklärte Gabriel. Am kommenden Montag treffe sich dann der Parteivorstand, um die Ergebnisse zu beraten. Zu dieser Sitzung erwarte man erstmals seit 1982 auch Altkanzler Helmut Schmidt. Anschließend werde man sich mit der Basis rückkoppeln.

Auf das Umfragetief angesprochen, in dem die SPD seit Monaten steckt, antwortete Gabriel, seine Partei befinde sich nun "im Trainingslager". Es kämen zwar "täglich mehr Sparringspartner auf die Bühne", aber man wisse, dass man noch sehr viel tun müsse, um der "Rückrunde" 2013 gewachsen zu sein. Das in der Klausur aufgesetzte Arbeitsprogramm sei "ambitioniert".