Sigmar Gabriel ist ein Mann der klaren Worte. Die verlorene Bundestagswahl sei kein “Versehen“ gewesen, hat der Parteivorsitzende gestern gesagt. Im Gegenteil.

Sigmar Gabriel ist ein Mann der klaren Worte. Die verlorene Bundestagswahl sei kein "Versehen" gewesen, hat der Parteivorsitzende gestern gesagt. Im Gegenteil. Die SPD sei von den Wählern im September "bewusst" in die Opposition geschickt worden. Gabriel geht inzwischen davon aus, dass die Sozialdemokraten zwei Jahre brauchen werden, um sich zu regenerieren und den "Erosionsprozess" in den Griff zu kriegen, der den "Volkspartei"-Status mittlerweile dramatisch gefährdet.

Zwei Jahre! Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Doch das Rezept, das dem Patienten wieder auf die Beine helfen soll, mutet, gelinde gesagt, verwegen an: Ein bundesweites Netzwerk von Gesprächsforen und "Zukunftswerkstätten" soll die SPD auch für Nichtmitglieder öffnen. Nach dem Motto: Dann hören wir mal, was in den verschiedenen Milieus so gesagt und beklagt wird. Bei den Facharbeitern und den Akademikern, bei den Arbeitslosen und Alleinerziehenden. Und dann? Wird es danach etwa einfacher, die verschiedenen Strömungen in der Partei zusammenzubinden? Wohl kaum. Aber vielleicht geht es darum ja gar nicht. Vielleicht geht es in Wahrheit darum, die Konzeptlosigkeit zu kaschieren, die im Willy-Brandt-Haus herrscht.

Seit dreieinhalb Monaten wartet das politische Berlin darauf, dass sich die SPD endlich zusammenreißt und auf ihre parlamentarische und außerparlamentarische Verantwortung besinnt. Dass sie die ihr zugewiesene Oppositionsrolle annimmt und ausfüllt.

Sigmar Gabriel ist ein Mann der klaren Worte und dazu noch äußerst schlagfertig. Er ist immer unterhaltsam. Aber als Parteivorsitzender sollte er aus der SPD keine Quatschbude, sondern eine schlagkräftige Truppe machen.