Die Inhalte blieben zunächst geheim. Die Debatte um das Profil der CDU aber setzte sich am Wochenende fort.

Berlin. Stellungnahmen? Fehlanzeige. Ohne Kommentar haben die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer gestern Abend ihr mit Spannung erwartetes Sechs-Augen-Gespräch beendet. Nur so viel sickerte aus Koaltionskreisen durch: An der vereinbarten Steuerstrukturreform werde festgehalten. Zeitpunkt und Volumen weiterer Steuersenkungen in Höhe von bis zu etwa 20 Milliarden Euro blieben demnach offen. Darüber werde im Lichte der Wirtschaftsdaten und der Steuerschätzung im Mai entschieden, hieß es.

"Tief in die Augen" hatten sich die drei beim Essen im Kanzleramt schauen wollen, verlautete im Vorfeld. Merkel hatte das Treffen anberaumt, um nach dem schwierigen Start der Koalition Differenzen auszuräumen und das Erscheinungsbild von Schwarz-Gelb zu verbessern. Auf der Tagesordnung standen neben den Steuersenkungen auch weitere strittige Fragen wie die von der FDP blockierte Besetzung des Beirats der Vertriebenenstiftung, die Gesundheitspolitik und die Strategie für die Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London.

Westerwelle wie auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatten vor dem Dreiertreffen zu größerer Geschlossenheit aufgerufen. "Liebe Freunde von der Union, euer Gegner ist nicht die FDP", sagte Westerwelle auf einer FDP-Veranstaltung in Düsseldorf. "Euer Gegner, das sind SPD, Grüne und Linkspartei." Kauder forderte Zusammenhalt in der Steuer- und Haushaltspolitik. "Es darf nicht mehr jeden Tag etwas herausgegackert werden", sagte der CDU-Politiker, der in Berlin als "Stimme Merkels" gilt, der "Bild"-Zeitung.

Die CDU-interne Debatte um die neue Ausrichtung der Partei ging am Wochenende unterdessen weiter. Nachdem bereits der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach, Kritik an der von Merkel forcierten und in der "Berliner Erklärung" beschlossenen Öffnung für neue Wählerschichten geäußert hatte, rief jetzt der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff die Parteichefin zu mehr Teamgeist auf. Wulff sagte dem "Spiegel", neben der Vorsitzenden brauche die Union "Persönlichkeiten, die für die verschiedenen Strömungen der Partei stehen". Der stellvertretende Parteivorsitzende: "Das würde Angela Merkel noch stärker machen und ihre Arbeit erleichtern." "Die Union ist immer dann stark gewesen, wenn sie kraftvoll Positionen vertreten hat, auch bei massivem Gegenwind. Dazu müssen wir wieder kommen", wurde Wulff zitiert.

Die Bürger wollten wissen, wofür die Union stehe, sagte der CDU-Politiker: "Es gibt eine Sehnsucht nach Führung." Bosbach hatte zuvor im Abendblatt prophezeit, dass der Kursstreit so lange anhalte, wie ein "entschiedenes Sowohl-als-auch" als "geschickte Strategie" gelte. Es sei notwendig, in wichtigen Politikfeldern zu definieren, was wertkonservative Politik für die Union bedeute. Finanzminister Wolfgang Schäuble verlangte allerdings im "Focus", die CDU solle sich mehr um konservative Anhänger der Grünen und hier lebende Muslime kümmern. Für ihn bedeute konservativ etwa mehr Engagement im Umweltschutz. "Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass Menschen, die an ihrer Heimat und den Lebensgrundlagen hängen, nicht mehr CDU wählen, sondern bei den Grünen sind." Merkel geht indes weiter auf ihre Kritiker zu. Wie der "Focus" berichtet, hat sie die Initiatoren des "Arbeitskreises Engagierter Katholiken", der als Sammelbecken enttäuschter Konservativer in der CDU gilt, nach Berlin eingeladen.