Unmittelbar vor ihrer Fraktionsklausur erschüttert ein parteiinterner Machtkampf die Linken. Vize-Chef Klaus Ernst attackiert Dietmar Barsch.

Berlin. Unmittelbar vor ihrer Fraktionsklausur erschüttert ein parteiinterner Machtkampf die Linken. Mit Vize-Chef Klaus Ernst schaltete sich am Wochenende ein hochrangiges Parteimitglied in den Führungsstreit ein. Der Vertraute von Parteichef Oskar Lafontaine kritisierte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch scharf. Dieser wiederum sieht sich als Opfer einer Kampagne und erhielt Rückendeckung prominenter Linke-Politiker aus dem Osten. Lafontaine selbst äußerte sich auch am Wochenende weiter nicht zum Führungsstreit.

Bartsch wird von Kritikern aus West-Landesverbänden vorgehalten, er habe Lafontaine nicht genügend unterstützt und sich ihm gegenüber illoyal verhalten. So solle er unter anderem Gerüchte über eine Affäre Lafontaines öffentlich gemacht haben und dessen Krebserkrankung im Herbst genutzt haben, um sich selbst als Nachfolger ins Spiel zu bringen.

Ernst sagte der „Berliner Zeitung“, er sehe in dem Streit keinen politischen Machtkampf. „Das ist ein einfacher Loyalitätskonflikt.“ Bartsch habe Fehler begangen, „deshalb haben wir jetzt ein Problem, und das werden wir lösen. Daran arbeiten wir.“

Bartsch: Kein Loyalitätskonflikt

Bartsch sagte nach der parteiinternen Kritik: „Das muss aufhören, sonst ist das gesamte linke Projekt gefährdet.“ Er zeigte sich empört über Vorwürfe, er habe Lafontaine gar bei Medien angeschwärzt. „Mich für so charakterlos und blöde zu halten, ist schon unverschämt“, sagte der 51-Jährige. Bartsch bestritt auch, dass er und Lafontaine zerstritten seien. „Wir haben ein gutes Arbeitsverhältnis.“ Er wünsche sich eine Rückkehr des Saarländers an die Parteispitze, sagte Bartsch. „Lafontaine wird von der Linken weiter gebraucht.“

Unterstützung erhielt Bartsch von Politikern aus ostdeutschen Verbänden. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Dagmar Enkelmann, nannte Rücktrittsforderungen an Bartsch absurd. Sie warnte in der „Rheinpfalz am Sonntag“ davor, mit einer Ost-West-Konfrontation die Wahlerfolge ihrer Partei zu gefährden.

Auch der Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, stärkte Bartsch den Rücken. „Wenn die Linke in Deutschland zu der Volkspartei werden will, die sie im Osten ist, muss sie auf die Erfahrungen hier setzen. Sonst werden wir zur Sekte“, sagte er der „Thüringer Allgemeine“ (Montagausgabe). Gleichzeitig verschärfte er seine Kritik an den West-Verbänden, die Bartsch angegriffen hatten. Dieses Verhalten sei „schäbig“. Er finde es auch nicht gut, dass Fraktionschef Gregor Gysi die Briefe, in welchen Bartschs Rücktritt gefordert wurde, „nicht sofort zurückgeschickt hat, mit dem Verweis, dass er als Fraktionschef nicht zuständig ist.“

Gysi rechnet mit Lafontaines Rückkehr

Derweil machte Gysi deutlich, fest mit der Rückkehr Lafontaines auf die politische Bühne zu rechnen. „Politik wird er auf jeden Fall machen. Ob direkt Bundespolitik oder indirekt über eine Rolle im Saarland – ich bin aber für direkte Bundespolitik“, sagte Gysi der „Bild“-Zeitung.

Lafontaine hatte der „Saarbrücker Zeitung“ gesagt, er müsse noch eine Reihe von Untersuchungen abwarten, ehe er über seine weitere politische Zukunft entscheiden könne. Der Saarländer hatte nach seiner Krebsoperation am 19. November sämtliche Termine bis auf weiteres abgesagt.

Die Linke-Fraktion trifft sich am Montag in Berlin zum politischen Jahresauftakt. Lafontaine wird anders als ursprünglich erwartet nicht dabei sein, da er Arzttermine wahrnehmen will.