CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagt im Abendblatt-Interview, was der Norden von der Bayern-Partei zu erwarten hat.

Hamburg. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagt im Abendblatt-Interview, was der Norden von der Bayern-Partei zu erwarten hat.

Hamburger Abendblatt: Herr Dobrindt, ist die CSU eine Partei für Bayern oder für ganz Deutschland?

Alexander Dobrindt: Die CSU ist eine bayerische Partei mit bundes- und europapolitischem Anspruch.

Abendblatt: Wann hat sich die CSU zuletzt für Nicht-Bayern eingesetzt?

Dobrindt: Wir sind Teil der Bundesregierung und nehmen deswegen Gesamtverantwortung für ganz Deutschland mit wahr. Das spürt man bei allen Themen, die die Menschen bewegen. Entwicklungen der Gesellschaft in Deutschland sind ohne die Stimme der CSU nicht denkbar.

Abendblatt: Als Sie in den Koalitionsverhandlungen die Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers durchgesetzt haben - ging es Ihnen da um anderes als um Bayern?

Dobrindt: Erst mal hilft das ja dem Tourismus in ganz Deutschland. Aber unser bundespolitischer Anspruch verbietet ja nicht, dass wir uns auch um bayerische Belange kümmern. Jedenfalls: Bei der Mehrwertsteuersenkung in den Beherbergungsbetrieben bleibt es. Das ist Teil der Koalitionsvereinbarung, der alle zugestimmt haben.

Abendblatt: Bundesverkehrsminister Ramsauer hat sich für einen Aufbau West ausgesprochen. Worauf zielt Ihr Parteifreund?

Dobrindt: Der Verkehrsminister hat deutlich gemacht, dass es in den alten Bundesländern einen großen Nachholbedarf gibt im Straßenbau und anderen Infrastrukturmaßnahmen. Das lässt sich objektiv nicht bestreiten.

Abendblatt: Wäre es ehrlicher gewesen, von Aufbau Süd zu sprechen?

Dobrindt: Ich glaube, dass Peter Ramsauer sein Amt ganzheitlich als deutscher Verkehrsminister versteht. Da muss sich keiner Sorgen machen.

Abendblatt: Unterstützt die CSU auch Verkehrsprojekte im Norden - etwa die Elbvertiefung?

Dobrindt: Wir unterstützen Verkehrsprojekte in ganz Deutschland. Maßgeblich ist immer der objektive Bedarf vor Ort und die Vordringlichkeit. Außerdem ist es im Interesse Bayerns, wenn die Wirtschaft in ganz Deutschland wieder in Schwung kommt. Bayern ist eines der größten Exportländer. Eine gute Infrastruktur in ganz Deutschland ist für uns von größter Bedeutung.

Abendblatt: CSU-Chef Seehofer stellt den Länderfinanzausgleich infrage. Hat er vergessen, dass Bayern selbst einmal auf die Solidarität reicherer Bundesländer angewiesen war?

Dobrindt: Überhaupt nicht. Aber wir zahlen aus Bayern inzwischen die Hälfte des gesamten Länderfinanzausgleichs. Drei Geberländer stehen 13 Empfängerländern gegenüber. Da ist es durchaus gerechtfertigt, mal die Frage zu stellen, ob der Länderfinanzausgleich die richtigen Anreize setzt: nämlich dass sich wirklich alle anstrengen, um ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

Abendblatt: Soll heißen?

Dobrindt: Der Länderfinanzausgleich entwickelt sich zunehmend zu einem System, das wenige zu Zahlern macht und viele zu Empfängern. Daher sollten wir gemeinsam über eine Neustrukturierung nachdenken. In einem funktionierenden Ausgleichssystem ist die Mehrzahl der Länder auf der Geber- und nicht auf der Empfängerseite.

Abendblatt: Der angeschlagene Autohersteller Opel hat Werke in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Ist der deutsche Staat weiter als Retter gefordert?

Dobrindt: Jetzt ist General Motors dran. Der Mutterkonzern muss beweisen, dass er in der Lage ist, Opel als eigenständiges Unternehmen aufzustellen. Wir haben in den letzten Monaten eine Vielzahl von Strategien gehört, auch eine Vielzahl von Bitten an die Politik. Jetzt ist es an der Zeit, dass wieder betriebswirtschaftliche Belange in den Vordergrund treten.

Abendblatt: Bedeutet das: keine Staatshilfen?

Dobrindt: Die Politik will Opel nicht alleine lassen. Aber wir machen auch nicht die Arbeit der Manager von GM. Ich bin nicht bereit, über staatliche Unterstützung zu reden, bevor GM noch nicht einmal seine Konzepte vorgelegt hat.

Abendblatt: Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust steht dem geplanten Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen, skeptisch gegenüber. Können Sie ihn verstehen?

Dobrindt: Nein, überhaupt nicht. Wir tun viel, um die Erziehung von Kindern in Kindertagesstätten zu ermöglichen. Es ist ein Akt der Fairness, auch diejenigen jungen Familien zu unterstützen, die genau diese Einrichtungen nicht in Anspruch nehmen wollen und ihre Kinder zu Hause erziehen.

Abendblatt: Bleibt es dabei: Die 150 Euro werden in bar ausgezahlt - und nicht als Gutschein?

Dobrindt: Um das ein für allemal klarzustellen: Eine Auszahlung des Betreuungsgeldes ist für die CSU nur in bar möglich. Es kann einige wenige Fälle geben, in denen man zu einem Gutscheinsystem kommt. Das werden aber abzählbare Fälle bleiben.

Abendblatt: Das Betreuungsgeld bringt auch Zuwanderer dazu, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Anders als in Kindertagesstätten wird in den Familien oft kein Deutsch gesprochen. Haben Sie das übersehen?

Dobrindt: Nein, im Gegenteil. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine Grundvoraussetzung, um in Deutschland gut integriert zu leben. Deshalb unternehmen wir alle Anstrengungen, damit auch Kinder von Migranten im vorschulischen Bereich Deutsch lernen.

Abendblatt: Aber Sie erwarten jetzt nicht, dass Ihre "Herdprämie" in Großstädten auf Begeisterung stößt?

Dobrindt: Die Diffamierung als "Herdprämie" ist nun wirklich von vorgestern. Es geht ausschließlich darum, Wahlfreiheit für die jungen Familien herzustellen. Wir haben unterschiedlichste Lebenssituationen der jungen Eltern in Deutschland und wir brauchen Unterstützungsleistungen für alle, auch für die zu Hause Erziehenden.

Abendblatt: Herr Dobrindt, was verbinden Sie mit der Hansestadt Hamburg?

Dobrindt: Die Mentalität der Hamburger ist sehr nahe an der Mentalität der Bayern. Es gibt wohl so eine Art Seelenverwandtschaft.

Abendblatt: Im Ernst?

Dobrindt: Ja, klar. Ich habe mich in Hamburg sehr wohlgefühlt, und die Hamburger haben mein Bayerisch meistens verstanden.