Der FDP-Chef Guido Westerwelle fordert Nahost-Parteien zu Verhandlungen auf und warnt Iran vor Bau von Atombomben.

Hamburg/Jerusalem. Beobachtern fiel an Guido Westerwelle die ungewöhnliche Nervosität auf, das ständige Kneten der Hände und Zupfen an der Kleidung. Ein nervenschonender Routinevorgang war die erste Nahost-Reise des neuen deutschen Außenministers gewiss nicht. Im Vorfeld der Visite hatte es die israelische Presse nicht an Erinnerungen daran mangeln lassen, wie Westerwelles damaliger Vize als FDP-Chef, Jürgen Möllemann, im Jahre 2002 mit antisemitischen Ausfällen am rechten Rand auf Stimmenfang gegangen war und Westerwelle viel zu lange mit seinem Eingreifen gezögert hatte.

Oder daran, dass die FDP im Rufe stehe, als Wirtschaftspartei dem guten Handelspartner Iran bedenklich gewogen zu sein. Zudem musste Westerwelle in die großen Fußspuren treten, die die in Israel hoch angesehenen Vorgänger Joschka Fischer und Frank-Walter Steinmeier hinterlassen haben.

Die Visite in Yad Vashem, der Holocaust-Gedenkstätte des Staates Israel, war emotional ganz sicher der heikelste Teil der Reise. Westerwelle erstarrt in der ungewohnten Pose des Staatsmannes, der er qua Amt jetzt ist, und nimmt sich Zeit für seinen Rundgang, vorbei an Auschwitz-Modellen; Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrates der Juden, an seiner Seite. Dass er sie mitgenommen hat auf diese schwierige Mission, am Ende gar in den Arm nimmt, könnte als ein brillantes Manöver gewertet werden - aber auch als versöhnliches Signal an die israelische Seite, das verstanden wird. "Wir werden nicht vergessen. Unsere Verantwortung bleibt. Unsere Freundschaft wächst." Das notiert Westerwelle ins Gästebuch. Vor sieben Jahren, bei seinem ersten Besuch in Israel, hatte er mit Blick auf Holocaust und Möllemann hineingeschrieben, dass Geschichte nicht mit einer neuen Generation ende.



Als der FDP-Chef damals Yad Vashem aufsuchte, hatte es sich um einen Canossa-Gang gehandelt. Und der damalige Regierungschef Ariel Scharon hatte es nicht an harten Worten zum Thema Möllemann fehlen lassen. Diesmal verlaufen die Gespräche mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Schimon Peres konfliktfrei. Hatte Westerwelle im Vorfeld der Reise noch laut einen Baustopp der israelischen Siedlungen in den Palästinensergebieten gefordert, so verzichtet er in Jerusalem auf Konfrontatives. Dies überlässt er dem Christdemokraten Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, der im fernen Berlin die Israelis davor warnt, "schrittweise politischen Selbstmord zu begehen". Polenz sagte der "Passauer Neuen Presse", mit der Fortsetzung der augenblicklichen Siedlungspolitik, "mit jedem neuen Haus", werde der Frieden immer weiter verbaut.

Zu derart großkalibrigen Formulierungen kann Westerwelle vor Ort nicht greifen, zu dünn ist das Eis, auf dem er sich bewegt. Doch zu fordern, dass sich beide Seiten - Israelis wie Palästinenser - wieder an den Verhandlungstisch setzen sollten, sowie das Pochen auf eine Zwei-Staaten-Lösung ist risikofrei. Wiederum in deutlich kräftigeren Worten warnt der deutsche Außenminister die iranische Regierung davor, eine atomare Bewaffnung anzustreben, das sei "für uns nicht akzeptabel". Es sei zwar Ziel deutscher Politik, den Iran auf dem Verhandlungsweg davon abzubringen. "Aber unsere Geduld ist nicht unendlich", fügt Westerwelle düster hinzu.

Dies kommt bei seinem Amtskollegen Avigdor Lieberman sehr gut an. Vor allem, da Westerwelle hinzufügt: "Die Sicherheit Israels ist für niemanden und für uns erst recht nicht verhandelbar." Lieberman fordert, die Deutschen sollten sich viel stärker in Nahost engagieren - was fast wortgleich auch der palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad bei einem Treffen mit Westerwelle verlangt.