Grünen-Chef Cem Özdemir sieht stärkere “ökologische Lenkungswirkung“ als bei der Kfz-Steuer. Die Regierung ist dagegen.

Den Haag/Berlin. Die Autofahrer in Holland sollen künftig keine Kfz-Steuer mehr zahlen, sondern eine Kilometergebühr von durchschnittlich 3 Cent. Die Regierung in Den Haag stellte einen Gesetzentwurf vor, demzufolge Autofahrer für die monatlich zurückgelegte Wegstrecke zur Kasse gebeten werden. Dabei richtet sich die Gebühr je Kilometer nach Wagenklasse, Motorisierung und Tageszeit. Berechnet wird die Streckensteuer mithilfe eines satellitengestützten Ortungssystems. Der durchschnittliche Kilometerpreis soll bis 2018 auf 6,7 Cent steigen.

Wir sagen, wer künftig mehr und wer weniger Kfz-Steuer bezahlen muss.

Mit dem finanziellen Hebel will die Regierung erreichen, dass möglichst viele Autofahrer ihr Fahrzeug seltener benutzen und auf das Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Die Zustimmung im niederländischen Parlament gilt als wahrscheinlich.

Das Vorhaben löste in Deutschland eine Kontroverse aus. "Das niederländische Modell geht in die richtige Richtung", sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir dem Hamburger Abendblatt. "Wir brauchen bei der Besteuerung des Autoverkehrs eine klare ökologische Lenkungswirkung: Wer viel fährt und dabei mit einem Spritfresser viel CO2 ausstößt und das Klima belastet, muss mehr zahlen als die, die mit emissionsarmen Autos wenig fahren." Dies fördere auch den Umstieg auf Busse und Bahnen, fügte Özdemir hinzu. "Allerdings brauchen wir dafür auch ein flächendeckendes, gut funktionierendes und für die Nutzer bezahlbares System des öffentlichen Nahverkehrs wie in den Niederlanden."

Die schwarz-gelbe Bundesregierung sperrt sich gegen die Kilometergebühr. Eine Sprecherin von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bezeichnete sie als Form von Pkw-Maut. "Und eine Pkw-Maut, egal in welcher Form, steht nicht auf der politischen Tagesordnung", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Die FDP argumentierte, das System sei "auf Deutschland aufgrund der Anzahl der betroffenen Fahrzeuge und aufgrund der Größe unseres Landes nicht übertragbar". Nach Ansicht von Patrick Döring, Obmann der Liberalen im Verkehrsausschuss, belastet es "Vielfahrer überdurchschnittlich, die in Deutschland ohnehin schon unter der höchsten Mineralölsteuer Europas" litten.

Dagegen forderte der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen die Bundesregierung auf, sich an dem "fortschrittlichen Modell" der Niederlande ein Beispiel zu nehmen. Im Vergleich dazu sei die deutsche Kfz-Steuer "ein Monster". Sie nehme keine Rücksicht auf die tatsächliche Straßennutzung.

In einer Umfrage der niederländischen Zeitung "De Telegraaf" lehnten 62 Prozent die Kilometersteuer ab. Als Hauptgrund gaben sie an, der Regierung zu misstrauen. Den Haag hatte versprochen, die meisten Autobesitzer müssten keineswegs mehr Steuern zahlen.