Die schwarz-gelbe Koalition kann ihre Arbeit aufnehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat aber mit internem Widerstand zu kämpfen.

Berlin. Vom Bundestag zum Schoss Bellevue und wieder retour: Bundespräsident Horst Köhler hat der frisch wiedergewählten Kanzlerin Angela Merkel (55) die Ernennungsurkunde überreicht. Zuvor hatte der Bundestag die CDU-Chefin für weitere vier Jahre zur Regierungschefin gewählt. 323 von 612 Abgeordneten stimmten für Merkel. Das waren elf mehr als die notwendige Mehrheit von 312 Stimmen. Mindestens neun der 332 Koalitionsparlamentarier wollten ihre Stimme der Kanzlerin aber nicht geben. 285 Parlamentarier stimmten laut Bundestagspräsident Norbert Lammert mit Nein, vier enthielten sich.

Bei der Vereidigung wählte Merkel die religiöse Formel „so wahr mir Gott helfe“. Die evangelische Pfarrerstochter ist bekennende Christin. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) hatte auf die „religiöse Beteuerung“ verzichtet, ebenso wie die Hälfte des damaligen rot-grünen Kabinetts. Von den Ministern der Großen Koalition hatten alle bei ihrer Vereidigung die religiöse Formel gesprochen, mit Ausnahme von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD).

Vor vier Jahren hatte Merkel 397 von 612 abgegebenen Stimmen erhalten. Das war das zweitbeste Ergebnis bei einer Kanzlerwahl seit 1949. Mindestens 51 Abgeordnete der Koalition stimmten damals allerdings gegen die neue Regierungschefin. Abweichler innerhalb der Regierungskoalitionen hat es fast immer gegeben. So versagten Konrad Adenauer (CDU) 1961 mindestens 46 Abgeordnete aus der christlich-liberalen Koalition die Unterstützung. Bei der Wahl Kurt Georg Kiesingers (CDU) waren es 1966 sogar mindestens 104 aus der ersten Großen Koalition. Nur einmal, bei der ersten Wahl von Gerhard Schröder 1998, lag die Zahl der Stimmen für den Kanzler über der Zahl der Koalitionsabgeordneten. Mindestens sechs Abgeordnete aus der Opposition votierten damals für Schröder.

Ein zweiter Wahlgang, der im Grundgesetz ebenfalls vorgesehen ist, wurde bei einer Kanzlerwahl bislang noch nie notwendig. Allerdings waren die Ergebnisse mehrmals äußerst knapp, so auch bei Adenauers erster Wahl 1949.

Am Nachmittag wird Merkel im Parlament vereidigt. Anschließend wiederholt sich das Zeremoniell für die 15 Minister des Kabinetts. Am Nachmittag findet bereits die erste Kabinettssitzung statt. Die Spitzen von CDU, CSU und FDP hatten am Montag den 124 Seiten starken Koalitionsvertrag mit dem Titel „Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.“ unterzeichnet. Am 10. November will Merkel ihn vor dem Bundestag in einer Regierungserklärung erläutern. An diesem Mittwoch fliegt sie außerdem weiter nach Paris, um den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zu treffen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat Merkel zur Wiederwahl gratuliert. Er freue sich darüber und wünsche Merkel viel Kraft und Mut, heißt es in einem an Merkel gerichteten Schreiben. „Auch persönlich habe ich Ihre Regierungsarbeit stets geschätzt und aus Gesprächen mit Ihnen Anregungen und Anliegen mitgenommen.“ Von Merkels zweiter Amtszeit erhoffe er sich Impulse für den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft sowie „soziale Ausgewogenheit“, so Zollitsch weiter. Der Erzbischof gab Merkel einen Psalmvers aus der Bibel mit auf den Weg: „Friede und Gerechtigkeit küssen sich“. Der Vers verweise auf soziale Gerechtigkeit und weltpolitische Verantwortung.