Über Personalfragen, heißt es aus den Reihen der künftigen Regierungspartner seit der Bundestagswahl gebetsmühlenhaft, werde “erst am Ende gesprochen“. Dieses Ende kommt allmählich in Sicht.

Berlin. Der Koalitionsvertrag soll zum Wochenende fertig sein, der Bundestag wird sich am Dienstag konstituieren. Zwei Tage später könnte bereits das Kabinett vereidigt werden.

Entsprechend heftig wird in Berlin spekuliert. Als Verlierer wird seit ein paar Tagen Hermann Otto Solms gehandelt. Der Chefunterhändler der Liberalen in der Arbeitsgruppe Steuern/Finanzen habe sich für die roten Zahlen nicht wirklich interessiert, heißt es hinter vorgehaltener Hand, er habe die Lage "eher philosophisch" betrachtet. Ein Philosoph sei aber das Letzte, was die Kanzlerin auf dem exponierten Posten gebrauchen könne.

Seit der 68 Jahre alte Hesse nicht mehr durchsetzbar zu sein scheint, richten sich die Blicke verstärkt auf Thomas de Maizière (CDU). Der Kanzleramtsminister gehört zu den engsten Vertrauten von Angela Merkel. Voraussetzung dafür, dass de Maizière das Finanzministerium übernimmt, ist allerdings, dass die CSU auf ihr "Zugriffsrecht" verzichtet. Das ihr - da die CDU die Kanzlerin stellt und das Außenamt an die FDP geht - eigentlich zusteht. Einen Verzicht, heißt es, könnte Merkel der CSU mit einem dritten Ministerposten versüßen. Dann allerdings wäre damit zu rechnen, dass die Liberalen ein fünftes Ressort für sich fordern.

Eine Kabinettsbesetzung ist eine komplizierte Angelegenheit. Neben der Anzahl der Posten geht es um landsmannschaftliche Rücksichtnahmen, Frauen sollen auch nicht zu wenige im Kabinett sitzen, und ein bisschen politischer Nachwuchs soll auch vorgezeigt werden. Wobei der Begriff "Nachwuchs" relativ ist: CDU-Faktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen, der die Leitung des Kanzleramts übernehmen könnte, ist inzwischen auch schon 44 Jahre alt.

Da das Finanz- und das Wirtschaftsressort in einer Koalition traditionell über Kreuz besetzt werden, ginge das Wirtschaftsministerium an die Liberalen, wenn die Union den Bundesfinanzminister stellte. FDP-Haudegen Rainer Brüderle würde seine Karriere nur zu gerne mit einem Ministeramt in Berlin krönen. Der amtierende Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird für diesen Fall als neuer Verteidigungsminister gehandelt, Franz Josef Jung, heißt es, könne sich mit dem Landwirtschaftsministerium arrangieren. Die jetzige Agrarministerin Ilse Aigner könnte dann den Vorsitz der CSU-Landesgruppe übernehmen, Peter Ramsauer vom Vorsitzenden ebendieser Landesgruppe zum Entwicklungsminister aufsteigen ...

Während Wolfgang Schäuble (Innen), Ursula von der Leyen (Gesundheit und Familie?), Ronald Pofalla (Arbeit) und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz) weiterhin als gesetzt gelten, ist der Name von Annette Schavan inzwischen mit einem kräftigen Fragezeichen versehen. Dafür sind die Aktien von Cornelia Pieper gestiegen.

Die stellvertretende FDP-Vorsitzende, heißt es hartnäckig, könne Bundesbildungsministerin werden.