Hermann Scheer und Co. schimpfen über die Kungelrunde, die Sigmar Gabriel zum künftigen Parteivorsitzenden bestimmte.

Berlin. Franz Müntefering, Andrea Nahles, Frank-Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel und ihr Geheimzirkel: Sie tagten in abgeschiedener Runde. Und genau das ruft bei vielen Sozialdemokraten des linken Flügels Empörung hervor. Sie stellen die „anonym getroffenen Absprachen“ offen in Frage. Die Festlegung auf Gabriel als Parteichef und Nahles als Generalsekretärin dürften für die zuständigen Parteigremien „keine Vorfestlegung oder Verbindlichkeit“ bedeuten, forderte SPD- Vorstandsmitglied Hermann Scheer.

„Schon wieder wird offenbar versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen, die der Parteivorstand und der Parteitag nur abnicken soll“, kritisierte Scheer in einem Brief an seine Kollegen im Parteivorstand. „Mit denselben Methoden, die die Partei über Jahre hinweg gelähmt und die Rolle und Funktion gewählter Führungsgremien sinnentleert haben, kann die Partei nicht zu neuer Motivation und Kraft finden“, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief Scheers.

Auch SPD-Vorstandsmitglied Ottmar Schreiner verwahrte sich in scharfer Form dagegen, wie die künftige Führung aufs Schild gehoben worden ist. „Dass hinterlässt den Eindruck, dass einige Leute würfeln und das Ergebnis zählt dann“, sagte Schreiner der Berliner „tageszeitung“. Mit „innerparteilicher Demokratie“ habe dies wenig zu tun. „Diese Art von Politik ist in den vergangenen Jahren zu einer unseligen Tradition in der Partei geworden, deren trauriger Höhepunkt die Ablösung (des früheren Parteichefs) Kurt Beck war“, meinte der Parteilinke Schreiner.

Das SPD-Präsidium und der 45 Mitglieder zählende Vorstand wollen am Montag über das neue Personalkonzept abstimmen. Die ursprünglich erst für den 9. Oktober vorgesehene Sitzung des Vorstands war kurzfristig vorgezogen worden. Nach den Plänen der SPD-Runde vom Donnerstag soll es künftig mit Olaf Scholz, Klaus Wowereit, Hannelore Kraft und Manuela Schwesig vier stellvertretende SPD-Vorsitzende geben. Über die neue Spitze wird endgültig ein Parteitag Mitte November in Dresden entscheiden. Zur geheimen SPD-Runde gehörten auch führende Parteilinke, die in der neuen Formation selbst Spitzenämter übernehmen sollen.