Der Arbeitsminister gilt als versiert, zuverlässig, ehrgeizig. Und im Gegensatz zu seinen Kollegen kann er das Ergebnis der Bundestagswahl entspannt abwarten.

Berlin. Bisher wird das künftige Personaltableau der deutschen Sozialdemokratie nur in kleinen, verschwiegenen Hintergrundkreisen diskutiert. Nichts soll nach draußen dringen, denn allen Eingeweihten ist klar: Am 27. September wird sich entscheiden, wer die SPD in die Zukunft führt.

Die Fragen lauten: Hat Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier Aussichten auf ein Spitzenamt, auch wenn die Partei auf den Oppositionsbänken Platz nehmen muss? Kann der im Willy-Brandt-Haus mehr und mehr wegen seiner Wahlkampfführung kritisierte Franz Müntefering im November wirklich erneut Vorsitzender werden? Und was wird aus Ministern wie Sigmar Gabriel und Olaf Scholz?

Für den Arbeitsminister aus Hamburg gilt: Er kann das Ergebnis der Bundestagswahl als Einziger aus der SPD-Führungsriege entspannt abwarten. Ihm dürfte ein gewichtiges Parteiamt bald wie ein reifer Apfel in den Schoß fallen. Die Frage ist nur noch, welches. Denn der Bundestagsabgeordnete aus dem Hamburger Wahlkreis Altona hat sich in der Partei den Ruf erworben, ein geeigneter Kandidat für nahezu jedes Spitzenamt zu sein, das es zu vergeben gibt. Dieser Nimbus unterscheidet ihn von Gabriel, von der stellvertretenden Parteichefin Andrea Nahles und vom parlamentarischen Geschäftsführer Thomas Oppermann, der aber ohnehin nur Außenseiterchancen hat.

War Scholz einst umstritten, so hat er sich inzwischen Respekt auch bei Kritikern erarbeitet. Er gilt als ebenso versiert wie zuverlässig. In den vergangenen Monaten war er einer der wenigen, die stets eigenständig Themen setzten, der am laufenden Band neue Gesetzentwürfe präsentierte - und damit gleichermaßen Ehrgeiz wie Kampfesmut demonstrierte. Sein größter Vorteil aber ist es, kein dezidierter Flügelmann zu sein und somit beiden Lagern in der Partei vermittelbar zu sein. Scholz hat immer darauf geachtet, nicht vereinnahmt zu werden. Partei- wie Fraktionsarbeit kennt Scholz auch aus seiner Zeit als SPD-Generalsekretär. Neben Gabriel hat er die besten Aussichten, neuer Fraktionsvorsitzender zu werden, wenn es für den zweiten Aufguss einer Großen Koalition - dann wäre er wohl weiter Minister - nicht reicht. Denn Amtsinhaber Peter Struck scheidet zum Ende dieser Legislaturperiode aus.

Auch eine Rückkehr in die Parteizentrale, in sein altes Amt als Generalsekretär, wäre denkbar. Am unwahrscheinlichsten ist noch, dass Scholz in der Nachfolge Münteferings Bundesvorsitzender wird - dafür fehle es ihm noch an Charisma, heißt es.

Für das aktuelle Führungsduo Steinmeier/Müntefering, das ist Konsens, wird hingegen viel davon abhängen, welches Wahlergebnis sie gemeinsam zustande bringen. So dürfte Steinmeier nur dann in prominenter Position an Bord bleiben, wenn die Partei am Sonntag nicht völlig untergeht, heißt es. Sollte es für die Neuauflage der Großen Koalition reichen, könnte Steinmeier Außenminister bleiben. Alternativ wird der Kanzlerkandidat von manchen ebenfalls für das Amt des Fraktionschefs gehandelt.

Sollte die SPD jedoch deutlich unter 30 Prozent landen, wäre der Mann aus Brakelsiek der Fraktion kaum als neuer Hoffnungsträger vermittelbar. Er könnte in diesem Fall genauso zum Abtritt gezwungen werden wie Müntefering, der seinen Zenit nach allgemeiner Wahrnehmung inzwischen überschritten hat.

Franz Müntefering hat jedenfalls nur dann Aussichten, noch einige Zeit sicher im Amt zu bleiben, wenn es gelingt, die SPD mit einem akzeptablen Ergebnis zurück in die Große Koalition zu führen. Falls nicht, drohen der Partei Flügelkämpfe, für die sich die Parteilinke Andrea Nahles und der gemäßigte Gabriel bereits intern in Stellung bringen.