Für die meisten Eltern ist das Thema Bildung bei der Wahlentscheidung im September ebenso wichtig wie die Wirtschaftskrise.

Berlin. Das ergab eine gestern in Berlin vorgestellte Forsa-Umfrage der Zeitschrift "Eltern" unter Müttern und Vätern von minderjährigen Kindern. Danach gaben 62 Prozent der Eltern an, dass die Bereiche Bildung und Kinderbetreuung bei ihrer Entscheidung für eine Partei einen genauso großen Stellenwert haben wie die Wirtschaftskrise, die Lage am Arbeitsmarkt oder die Alters- und Gesundheitsversorgung. Für rund ein Viertel sind die Bildung und Familie sogar noch wichtiger als andere Problembereiche.

Die Bildungspolitik ist für die meisten der befragten Eltern mit 81 Prozent ohnehin das Top-Thema. Auf dem zweiten Platz der Themen, die die Politik nach Ansicht der Mütter und Väter mit Vorrang behandeln sollte, rangiert die Familienförderung (77 Prozent), gefolgt von der besseren Vereinbarkeit von Job und Familie (75 Prozent) und der Kinderbetreuung (67 Prozent). Der überwiegende Teil der Befragten (91 Prozent) lehnt den Föderalismus in der Bildungspolitik ab und fordert eine bundesweite Vereinheitlichung des Schulsystems. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte in der Vergangenheit die Vielfalt des deutschen Systems immer wieder gelobt, aber angemahnt, dass es zu einer stärkeren Vergleichbarkeit der Abschlüsse und Lehrinhalte kommen müsse. Die SPD-Politikerin Ulla Burchardt, Vorsitzende des Bildungsausschusses des Bundestags, sagte dem Abendblatt: "An der grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder wird sich nichts ändern. Aber wir brauchen eine Verpflichtung zu mehr Kooperation. Die SPD hat dazu im Rahmen der Föderalismusreform II Vorschläge gemacht, die am Widerstand der Union gescheitert sind." Die Umfrage ergab außerdem, dass 54 Prozent der Eltern ihr Kind am liebsten auf eine Privatschule schicken würden. Im Bildungsministerium konnte man diese Zahlen aber nicht nachvollziehen. Bisher seien in diesem Zusammenhang immer deutlich geringere Werte in Deutschland gemessen worden. Zudem habe das deutsche Schulsystem mehr Rückhalt in der Bevölkerung, als das in anderen europäischen Staaten der Fall sei. Allerdings wünschen sich rund zwei Drittel der Befragten eine längere gemeinsame Grundschulzeit (64 Prozent).

Wäre der Bundestag bereits im Sommer gewählt worden, hätten sich die befragten Eltern gemessen an aktuellen Umfragen etwas häufiger für SPD und Grüne entschieden als der Durchschnitt der Wahlberechtigten. Laut der Umfrage hätten 35 Prozent der Mütter und Väter der CDU ihre Stimme gegeben. 26 Prozent hätten die SPD und 14 Prozent die FDP gewählt. 13 Prozent hätten für die Grünen gestimmt, und acht Prozent der Eltern mit Kindern unter 18 Jahren für die Linkspartei. Das "linke" Wählerlager aus SPD, Grünen und Linkspartei ist somit bei den Eltern mit zusammen 47 Prozent etwas stärker als bei allen Wahlberechtigten mit 45 Prozent.

Umgekehrt ist das "bürgerliche" Wählerlager aus CDU, CSU und FDP bei den Eltern mit zusammen 49 Punkten etwas schwächer als beim Durchschnitt aller Wahlberechtigten (50 Prozent). Allerdings wäre jeder vierte Befragte (23 Prozent) gar nicht zur Wahl gegangen. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) hat zudem mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Probleme, besonders Alleinerziehende und Eltern mit niedrigem Einkommen. 37 Prozent halten verbesserte Teilzeitangebote mit Zeitkonten für hilfreich, besonders Frauen machen sich dafür stark. Forsa befragte im Auftrag von "Eltern" im Mai 1000 Mütter und Väter mit Kindern unter 18 Jahren.