Der Präsident landet heute in Deutschland. An Kanzlerin Merkel wird er vor allem alte Forderungen stellen.

Hamburg. Im Kanzleramt hatte man die eindrucksvollen Bilder aus Dresden schon vor Augen: Barack Obama mit Angela Merkel beim Bad in der Menge mit Tausenden Dresdnern. Für einen Werbespot zur Bundestagswahl hätte sich die Bundeskanzlerin kaum schönere Aufnahmen wünschen können. Nun kommt es anders. Der morgige Besuch des US-Präsidenten in Deutschland - vor allem in Dresden - schrumpft zu einem Kurztrip zusammen. Auch Weimar steht nicht mehr auf dem Programm. Immerhin rang sich der Gast nach einiger Bedenkzeit dazu durch, die Frauenkirche zu besichtigen. Offiziell sind die Änderungen organisatorisch begründet. Doch zu offensichtlich sind auch derzeit die Differenzen zwischen Obama und Merkel.

Heute am späten Abend landet die Air Force One in Sachsen. Am Freitagabend ist Obama bereits in Frankreich. Hinter ihm liegen dann die Stippvisiten in Dresden, im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald und im US-Militärhospital in Landstuhl in Rheinland-Pfalz. In Berlin wollte Obama die Kanzlerin gar nicht erst treffen, in Dresden nimmt er sich zumindest auch im Grünen Gewölbe Zeit für ein Gespräch. Eines, das heikel werden könnte. So werde der Präsident wohl wieder ein verstärktes Engagement in Afghanistan zur Sprache bringen, heißt es aus Washington. Während die Amerikaner ihre Truppenstärke am Hindukusch um 21 000 Soldaten zusätzlich aufstocken, sind die Signale aus Berlin bislang eindeutig: Hier hält man die 4100 stationierten Soldaten für ausreichend, und nach wie vor lehnt die Bundesregierung Einsätze im gefährlichen Süden ab. Obama geht der Einsatz nicht weit genug. Genauso unbefriedigend dürfte der Präsident die deutsche Haltung zu den Guantánamo-Häftlingen finden. Merkels Innenminister Wolfgang Schäuble lehnt es bislang ab, Gefangene nach der Schließung des Lagers aufzunehmen.

Nicht nur thematisch, auch atmosphärisch gilt das Verhältnis der US-Administration zur Bundesregierung derzeit als problematisch. Die Verstimmung nahm ihren Anfang im Juli 2008, als Obama im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft eine Rede in Berlin vor dem Brandenburger Tor halten wollte, Merkel ihn aber nur vor der Siegessäule auftreten ließ. Am Ende jubelten ihm 200 000 begeisterte Berliner zu. Als diplomatischen Fehltritt nahm man zudem in Washington die Weigerung Merkels auf, Obama im April im Weißen Haus zu besuchen. Der Termin hatte lange festgestanden, doch die Bundeskanzlerin entschied sich gegen die Visite beim US-Präsidenten mit dem Hinweis, sie werde Obama ohnehin beim G20-Gipfel in London wenige Tage später treffen. Absagen auf Einladungen ins Weiße Haus ist man in Washington nicht gewohnt.

So stellt sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy im Moment als der offensichtlich bevorzugte Partner Amerikas dar. Was die politische Entschlossenheit in der Wirtschaftskrise angeht, liegt er mit Obama auf einer Linie. Beide setzen auf gigantische Konjunkturprogramme - Merkels Konjunkturhilfen nehmen Amerikaner und Franzosen dagegen als zögerlich und wenig beherzt wahr.

Die Bundesregierung wiederum reagierte gereizt, als anlässlich der aufwendigen Opel-Rettung aus Washington nicht einmal die zweite Garde des Finanzministeriums nach Berlin reiste. Ihren Ärger darüber wird Merkel gegenüber Obama vermutlich nicht zum Ausdruck bringen. Schließlich gibt es zwei öffentlichkeitswirksame Auftritte mit dem US-Präsidenten: händeschüttelnd vor dem Grünen Gewölbe und der Frauenkirche.