Die friedliche Revolution in der DDR war im Herbst 1989 der Höhepunkt einer gesellschaftlichen Krise, die bereits Mitte der 80er-Jahre begann.

Vom technologischen Fortschritt abgeschnitten ging es mit der DDR-Wirtschaft steil bergab, hinzu kamen die ideologische Abgrenzung zu Gorbatschows Reformkurs, auf den die DDR-Bürger große Hoffnungen gesetzt hatten, und der zunehmende Freiheitswille der Bevölkerung. Eine Auswahl der wichtigsten Ereignisse:

25./26. Oktober 1987: Ein 20-köpfiges Stasi-Kommando überfällt die Umwelt-Bibliothek in der Berliner Zionskirche, was als Kampfansage an die Bürgerrechtsbewegung verstanden wird.

17. Januar 1988: An der staatsoffiziellen Karl-Liebknecht/Rosa-Luxemburg-Demonstration in Ost-Berlin nehmen Oppositionelle mit einem Protestplakat teil. Sie werden verhaftet.

30. September 1988: Vier Schüler der Carl-von-Ossietzky-Schule in Berlin-Pankow werden relegiert, weil sie sich offen gegen Militarismus und Rechtsextremismus in der DDR ausgesprochen haben.

7. Mai 1989: Die DDR-Kommunalwahl wird gefälscht, was Proteste und Demonstrationen auslöst.

4. Juni: Nach der Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung gibt es in zahlreichen DDR-Städten Proteste, u. a. beim Leipziger Kirchentag.

27. Juni: Österreichs Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn durchschneiden symbolisch den Stacheldraht an der ungarischen Westgrenze. Zahlreiche DDR-Bürger versuchen über Ungarn in den Westen zu gelangen.

19./20. August: Paneuropa-Picknick im ungarischen Sopron: Die Grenze wird geöffnet, Tausende DDR-Bürger fliehen nach Österreich

August, September: Immer mehr DDR-Bürger flüchten in die westdeutschen Botschaften in Prag und Warschau, um ihre Ausreise zu erzwingen.

4. September: Nach dem traditionellen Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche kommt es zur ersten großen Montagsdemonstration.

3. Oktober: Bei der Durchfahrt der Züge, die die Prager Botschaftsflüchtlinge in die Bundesrepublik bringen, kommt es in und um den Dresdner Hauptbahnhof zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und "bewaffneten Organen".

7. Oktober: Honecker und das Politbüro feiern den 40. Jahrestag der DDR. Gleichzeitig demonstrieren Tausende gegen das Regime, rufen nach dem (als Staatsgast anwesenden) sowjetischen Parteichef Gorbatschow. Viele werden verhaftet und misshandelt. In vielen DDR-Städten kommt es zu Demonstrationen, die gewaltsam niedergeschlagen werden.

9. Oktober: Nach dem Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche ziehen etwa 70 000 friedliche Demonstranten über den Innenstadtring und rufen: "Wir sind das Volk." Polizei, NVA und Betriebskampfgruppen greifen nicht ein. Von da an ist der Sturz des SED-Regimes nicht mehr aufzuhalten. Honecker wird durch Krenz ersetzt, der sich u. a. durch die Wahlfälschung diskreditiert hat und von Anfang an in der Defensive ist. Am 9. November fällt die Mauer, die Wiedervereinigung rückt in greifbare Nähe. (M.G.)