Arbeitgeber legen Drei-Punkte-Plan gegen Rezession vor. Heute Spitzentreffen im Kanzleramt.

Hamburg/Berlin. Unmittelbar vor dem Spitzentreffen zur Wirtschaftskrise im Kanzleramt hat sich Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt gegen ein neues Konjunkturpaket ausgesprochen und ein Drei-Punkte-Programm zur Bekämpfung der Rezession vorgestellt. "Ich lehne ein weiteres Konjunkturprogramm ab", sagte Hundt dem Hamburger Abendblatt. Die von der Regierungskoalition beschlossenen Konjunkturpakete I und II "werden erst im Laufe dieses Jahres ihre volle Wirkung entfalten".

In der Kanzlerrunde müsse es erstens darum gehen, "die Finanzierung der Unternehmen zu angemessenen Konditionen durch die Banken" sicherzustellen. Die Forderung habe "oberste Priorität", da sich dieses Problem "insbesondere auch zulasten des Mittelstandes" verschärfe.

Zweitens müssten die Arbeitgeber befristet für 2009 und 2010 vollständig von den Sozialversicherungsbeiträgen auf Kurzarbeitergeld befreit werden. "Das hilft, Entlassungen zu vermeiden", so der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA). Diese Forderung habe "derzeit Vorrang vor der Verlängerung der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld auf 24 Monate". Wenn die Krise länger andauere, könne darüber Ende 2009 entschieden werden. Hundt sicherte zu, dass die Arbeitgeber alles daransetzten, die Beschäftigung in den Betrieben zu erhalten.

Drittens erhob Hundt die Forderung, die Substanzbesteuerung auf Zinsen, Mieten, Pachten oder Leasingraten der Unternehmen zurückzunehmen. Diese verschärfe die Krise. Die Substanzbesteuerung wurde 2008 als Erweiterung der Gewerbesteuer eingeführt. Seitdem werden Kosten wie Mieten und Zinsen zum Gewinn eines Unternehmens hinzugerechnet und besteuert. Diese Substanzbesteuerung belastet vor allem Mittelständler, die niedrige Erträge und hohe Mietkosten aufweisen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) pocht ebenfalls auf Erleichterungen für die Wirtschaft und will sich für eine Mietrechtsreform einsetzen. Dies solle private Milliarden-Investitionen für die energetische Sanierung von Wohnhäusern ermöglichen, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf der "Mittelbayerischen Zeitung".

Vor dem Spitzentreffen im Kanzleramt, an dem an diesem Mittwoch rund 40 Experten teilnehmen, wurde eine erfreuliche Konjunkturprognose veröffentlicht: Das vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim ermittelte Konjunkturbarometer lag erstmals seit Juli 2007 wieder im positiven Bereich. Als einen Grund nannte das ZEW die staatlichen Konjunkturpakete, die zunehmend wirkten. Auch der Konjunkturchef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), Michael Bräuninger, deutet die Entwicklung verhalten positiv. "Es gibt seit einiger Zeit Anzeichen dafür, dass es zur Jahresmitte nicht mehr weiter runtergeht", sagte er dem Abendblatt. Das entspreche auch der Tendenz an den Börsen. Dabei sei es noch zu früh, von einer Trendwende zu sprechen - doch die Zeichen mehrten sich dafür, dass die Wende kommen könne.

Pessimistischer äußerste sich Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank: "Ich bleibe bei meiner Prognose von minus fünf Prozent für 2009", sagte er dem Abendblatt. "Der Tiefpunkt der Produktion dürfte im dritten Quartal liegen, aber das wird die Stimmung nicht stark verbessern." Für die allgemeine Wahrnehmung der Wirtschaftslage in der Öffentlichkeit sei der Arbeitsmarkt viel wichtiger, und bei der Arbeitslosigkeit werde man den Wendepunkt erst im späteren Verlauf des Jahres 2010 sehen. "In absoluten Zahlen wird die höchste Arbeitslosenzahl, die bei fünf Millionen liegen dürfte, sogar erst zu Jahresanfang 2011 erreicht", so Walter. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" erwartet auch die Bundesregierung in diesem Jahr einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um fünf Prozent. Die Konjunkturprognose für 2009 werde in der kommenden Woche entsprechend nach unten korrigiert. Bislang hatte die Regierung offiziell ein Minus von rund 2,25 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt vorausgesagt.