Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will angesichts der Rezession nun doch schon Mitte Januar ein zweites Konjunkturpaket auflegen. Es zeichnete sich dabei ab, dass der Schwerpunkt der Milliarden-Investitionen die Infrastruktur sein wird.

Mannheim/Berlin. Das Thema Steuersenkungen blieb indessen weiter offen. Im Wirtschaftsministerium, das für die Konjunkturprognose zuständig ist, wird ein Einbruch im kommenden Jahr von bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für nicht mehr ganz unrealistisch gehalten.

Dies dürfte der Argumentation von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) entgegenkommen, der - im Gegensatz zur CSU - rasche Steuersenkungen zur konjunkturellen Unterstützung vehement ablehnt. Die Verbraucher können für das kommende Jahr nicht mit einer steigenden Kaufkraft rechnen. Zwar werde das verfügbare Einkommen in Deutschland mit 1558 Milliarden Euro um 1,1 Prozent über dem Nettoeinkommen von 2008 liegen. Dies werde aber von der Inflation weitgehend aufgezehrt, prognostizierte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg.

Die deutschen Autobauer in Europa mussten im November gegenüber dem Vorjahr kräftige Rückgänge bei den Pkw-Neuzulassungen hinnehmen. Besonders schlimm erwischte es BMW mit einem Minus von 30,9 Prozent, Daimler verzeichnete ein Zulassungsminus von 24,5 Prozent. Bei Volkswagen gingen die Zulassungen um 17,4 Prozent zurück. Aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs lehnt der deutsche Mittelstand einen pauschalen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen im kommenden Jahr ab. Bei einem Spitzentreffen von Politik und Wirtschaft hatten Konzern-Vertreter am Sonntagabend im Kanzleramt eine entsprechende Selbstverpflichtung in Aussicht gestellt.

Merkel machte in Mannheim am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung deutlich, dass die Bundesregierung im Januar "noch mal einige Milliarden" in die Hand nehmen will. Sie verteidigte das bislang eher abwartende Vorgehen in der Wirtschaftskrise und verwies auf den Amtsbeginn von Barack Obama als US-Präsident am 20. Januar. Wenn in Amerika ein großes Programm erst dann aufgelegt werde, sobald der neue Präsident im Amt sei, "wird es auch in Deutschland richtig sein, zu einer ähnlichen Zeit ein zweites Programm aufzulegen".

"Es liegt auf der Hand, dass man im Infrastrukturbereich alles macht, was man schnell machen kann", sagte Merkel. Die Länder sollten jetzt ihre bereits fertig geplanten Straßenprojekte zusammenstellen, damit Bau oder Sanierung "im frühen Frühjahr" beginnen könnten. Besorgt zeigte sich die Kanzlerin, dass eine Kreditklemme die Realwirtschaft weitergehend schwächen könnte. Mit dem Rettungspaket sei die "Funktionsfähigkeit" der Banken noch nicht wiederhergestellt, weil das Vertrauen untereinander im Finanzsektor fehle.

Das Rettungspaket der Bundesregierung für angeschlagene Banken krankt nach Ansicht von ifo-Chef Hans-Werner Sinn an der Gehaltsobergrenze für deren Chefs. Die Banken müssten gezwungen werden, das Geld bei Bedarf anzunehmen. "Man muss das Eigenkapital da reinstopfen wie bei einer Stopfgans."

Merkel begrüßte die Ankündigung einiger DAX-Konzerne, im kommenden Jahr auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, als "Symbol". Sie wisse, dass das nicht jeder Mittelständler versprechen könne. CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg forderte staatlich subventionierte Jobgarantien für die Beschäftigten des Mittelstands. "Wir müssen auch dem Mittelstand helfen, so viele Arbeitsplätze wie nur irgend möglich zu erhalten."

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstag) berichtete, wird in einem internen Vermerk des Wirtschaftsministeriums zur Begründung der düsteren Prognose auf Forschungsinstitute verwiesen, die einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von bis zu drei Prozent vorhersagen. Aus heutiger Sicht seien solche Prognosen "nicht unrealistisch", hieß es. Nach Schätzungen aus dem Ministerium könnte das BIP schon in diesem Quartal erheblich zurückgegangen sein: Ein Minus von 1,25 bis 1,75 Prozent sei möglich.

Angesichts der immer schlechter werdenden Vorhersagen für die Wirtschaftsentwicklung plädierte Klaus Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), beim Treffen im Kanzleramt für einen vorübergehenden Prognose-Stopp. Zimmermanns Institut veröffentlicht selbst regelmäßig Prognosen.