Richter begründen das Urteil: “Zutiefst terroristische Tat.“ Verteidiger wollen Revision vor Bundesgerichtshof.

Düsseldorf. Von tiefer Frömmigkeit war bei diesem Auftritt nichts zu bemerken: Beide Hände mit ausgestrecktem Mittelfinger in die Luft gereckt , so präsentierte sich Youssef Mohamad el-Hajdib gestern am Tag der Urteilsverkündung. E Lebenslänglich, die Höchststrafe , so lautet der Schuldspruch des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Mit dem Strafmaß folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft.

Der Libanese habe mit seinem Mordversuch per Kofferbombe eine "zutiefst terroristische Tat" begangen und eine Vielzahl von Menschen heimtückisch töten wollen, urteilte der zuständige Terrorismus-Senat. "Deutschland ist lediglich aufgrund der technischen Fehleinschätzung des Angeklagten einer Katastrophe entgangen", sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling. Das Gericht verwarf damit die Verteidiger-Version von bloßen Bomben-Attrappen: Der 24-Jährige und sein im Libanon inhaftierte Komplize hatten im Sommer 2006 Kofferbomben in zwei Regionalzügen abgestellt und "waren überzeugt, eine möglichst große Zahl von Menschen töten zu können". Um die Qualen ihrer Opfer und die Brandverletzungen zu verstärken, hätten sie den Gasflaschen noch ein Benzin-Diesel-Gemisch und Speisestärke hinzugefügt. Die Bomben waren wegen eines fehlerhaften Gasgemischs nicht explodiert.
Lebenslange Haft für "Kofferbomber"


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Mit der Tat habe der frühere Student aus Kiel eine "solche Schuld auf sich geladen, dass nur die Höchststrafe die gerechte Antwort des Gesetzes sein kann", sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling in Richtung des bärtigen jungen Mannes auf der Anklagebank im Düsseldorfer Hochsicherheitstrakt.

Der Staatsschutzsenat zeichnete in der Urteilsbegründung noch einmal nach, welch furchtbare Folgen eine Explosion der beiden Kofferbomben in den Zügen nach Hamm und Koblenz gehabt hätte. Nur wegen eines Fehlers beim Bombenbau seien die Sprengsätze nicht hochgegangen, zeigte sich der Vorsitzende Richter überzeugt. Bei einer Detonation der Kofferbomben wäre "jeweils ein gewaltiger, etwa 15 Meter großer Feuerball mit einem erheblichen Splitterflug entstanden", beschrieb Breidling ein Horrorszenario.

Der Richter gab einen verstörenden Einblick in die dunkle Gedankenwelt des 24-jährigen Libanesen: Er habe Osama Bin Laden und jenen Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi verehrt, der im Irak eigenhändig Geiseln enthauptet hat. Videos von Enthauptungen und Anschlägen auf US-Soldaten hätten ihn begeistert, während sich seine Bekannten voller Ekel abwandten. Vom Tod Sarkawis hingegen sei der Kofferbomber "zutiefst betroffen" gewesen. In seinen radikalen Ansichten sei er als jüngstes von 13 Kindern bereits in seiner Familie bestärkt worden. Aber in Deutschland habe sich seine Einstellung weiter radikalisiert.

Die Mohammed-Karikaturen seien schließlich der Anlass gewesen, an der verhassten westlichen Welt Rache zu nehmen. Nur die hohen Sicherheitsvorkehrungen hätten ihn und seinen Komplizen Jihad Hamad davon abgehalten, einen Anschlag auf ein Stadion während der Fußball- Weltmeisterschaft in Deutschland zu verüben. Während der Tat trug el-Hajdib das Trikot von Fußball-Nationalelf-Kapitän Michael Ballack mit der Nummer 13. Mit dem Flugzeug flüchtete er in den Libanon, wo ihn ein Bruder für die Tat lobte: "Gott wird dich dafür eines Tages vielleicht belohnen."

Die Verteidiger des Kofferbombers von Köln kündigten an, Revision vor dem Bundesgerichtshof einzulegen.