Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht ihrem Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) derzeit alle Ehre. Nach rund einjährigem Feilschen um strenge...

Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht ihrem Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) derzeit alle Ehre. Nach rund einjährigem Feilschen um strenge EU-Klimaziele für die Autoindustrie setzte die Kanzlerin in Brüssel mithilfe einer Großen Koalition im Europaparlament deutliche Erleichterungen für Mercedes, BMW, Porsche und Co. durch. Die deutschen Konzerne müssen den Abgas-Ausstoß ihrer Neuwagen ab 2012 zwar erstmals gesetzlich verpflichtend drosseln. Aber Berlin erreichte Schonfristen.

"Industriepolitik zulasten Deutschlands" hatte Merkel der EU-Kommission im Dezember 2007 vorgeworfen, als diese ihre Gesetzesvorschläge vorstellte. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) aus dem VW-Land Niedersachsen sprach sogar von einem "Wettbewerbskrieg" gegen deutsche Hersteller. Dabei wollen die EU-Kommission und die Bundesregierung eigentlich das Gleiche. Der Kohlendioxid-Ausstoß eines Neuwagens soll ab 2012 pro Kilometer auf 120 Gramm sinken . Das steht nicht nur im Gesetzesplan von Umweltkommissar Stavros Dimas, sondern auch im Koalitionsvertrag.

Die EU schreibt dieses Ziel nun erstmals verbindlich fest, nachdem die Industrie eine freiwillige Selbstverpflichtung für mehr Klimaschutz nie umgesetzt hat. Wenn die Umweltminister den Auto-Kompromiss morgen in Brüssel annehmen, dürften ihn der Gipfel und das Europaparlament Mitte Dezember besiegeln. Löchrig machen die Abgas-Ziele die zahlreichen Ausnahmen, die auf Druck der großen Auto-Nationen Deutschland, Italien und Frankreich im Kleingedruckten des Kompromisstextes stehen. Die Bundesregierung setzte zwei Hauptforderungen der deutschen Autobauer durch: eine Schonfrist bei Einführung der Klimaauflagen und die Anrechnung sogenannter Ökoinnovationen - nicht 2012, sondern erst 2015 müssen Neuwagen die Umweltziele erreichen. Zudem können umweltfreundlichere Klimaanlagen oder Solar-Autodächer positiv angerechnet werden.

Bis 2015 können Autobauer damit besonders schwere und durstige Limousinen in dem Teil ihrer Flotte verstecken, für den die Auflagen nicht gelten. 2012 sind dies immerhin 35 Prozent, 2013 noch 25 Prozent. Damit werden auch keine Geldbußen fällig.

Ein stumpfes Schwert sind die Strafzahlungen auch deshalb, weil Italien mit Unterstützung des französischen EU-Vorsitzes einen Rabatt für Kleinwagenbauer wie Fiat und Renault durchsetzte. Wer die CO2-Grenzwerte nur bis zu drei Gramm überschreitet, soll Kleckerbeträge zahlen - und nicht 95 Euro pro Gramm und Neuwagen.

Gabriel spricht dennoch von einem "guten Kompromiss". Es sei für das Weltklima nicht entscheidend, ob die Autoindustrie im Jahr 2012 bereits 100 Prozent der Auflagen erfülle oder nur einen Teil, sagte er.