Vorstand will Skandal aufklären. Ricke gibt Auftrag zur Suche nach Indiskretionen zu, billigt Methoden nicht.

Berlin/Bonn. In der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom wächst der Druck auf den ehemaligen Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke. Der "Spiegel" berichtet, die beiden Manager würden vom ehemaligen Telekom-Sicherheitschef Klaus Trzeschan schwer belastet. Trzeschan habe bei einer konzerninternen Anhörung erklärt, dass ihm die Spitzelaufträge von Ricke und Zumwinkel erteilt worden seien.

Ricke hat sogar zugegeben, den Auftrag zur Suche nach der Quelle von Indiskretionen gegeben zu haben. Er verwahrte sich in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" allerdings gegen den Verdacht, er habe die dabei angewandten Spitzelmethoden gebilligt oder gar angeordnet. Er habe seinerzeit den Leiter der Konzernsicherheit beauftragt, die Quelle von Indiskretionen zu suchen und diese abzustellen. "Das war meine Pflicht als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom als börsennotiertem Unternehmen." Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel habe davon gewusst. Auch Vorstand Heinz Klinkhammer sei involviert gewesen. Klinkhammer hatte dem "Handelsblatt" gesagt, der Auftrag sei an ihm vorbei erteilt worden.

Laut "Spiegel" hat der ehemalige Sicherheitschef Trzeschan Zumwinkel und Ricke nicht über konkrete Umstände der Spitzelaufträge unterrichtet. Dem Magazin zufolge wurde ein Teil der Spitzeldienste im November 2006 von einer gemeinsamen Kostenstelle Zumwinkels und Rene Obermanns abgebucht. Das Geld sei offenbar vom gemeinsamen Büroleiter der beiden Manager freigegeben worden. Laut "Focus" zahlte die Telekom an Sicherheitsberater und Detekteien mehr als eine Million Euro für deren Recherchen.

Der heutige Vorstandschef Obermann sagte der "Bild am Sonntag": "Ich habe von einem ersten Fall von Datenmissbrauch bei der Telekom im Sommer des vergangenen Jahres erfahren und danach nichts vertuscht, sondern die nötigen personellen und organisatorischen Konsequenzen gezogen." Die Verantwortlichen sollen "ohne Ansehen von Rang und Person" zur Rechenschaft gezogen werden. Die "Wirtschaftswoche" zitiert allerdings einen namentlich nicht genannten Ex-Manager. Danach soll Obermann als damaliger Chef des Mobilfunkgeschäfts von der Bespitzelung gewusst haben.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn wegen des Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegen den Konzernbetriebsratschef Wilhelm Wegner. Wegner gehört dem Aufsichtsrat an. Die Telekom habe ihn 2005 ausgespäht und einen Kontakt zu einem "Capital"-Journalisten nachgewiesen. Der Betriebsratschef bestreitet Vorwürfe, vertrauliche Informationen weitergeleitet zu haben.

Von der Spitzelaffäre könnten auch Bundestagsabgeordnete betroffen sein. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, sagte im NDR, er habe im Zuge von Tarifauseinandersetzungen oft mit Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat telefoniert, die nun als Betroffene genannt würden.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich gegen rasche Gesetzesänderungen nach dem Bespitzelungsskandal ausgesprochen. "Ich bin gegen Schnellschüsse", sagte er gestern in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Die ganze Branche sei "von dem Vertrauensverlust betroffen". Er wisse nicht, ob Selbstverpflichtungen der Unternehmen ausreichten, um künftigen Missbrauch zu verhindern, sagte Schäuble. "Wenn es nicht ausreicht, müssen wir überlegen, können wir weitere Gesetze machen? Aber das steht am Ende, und nicht am Anfang." Schäuble hat Vertreter der Branche für heute nach Berlin eingeladen.