Die Bespitzelungsaffäre nimmt immer größere Dimensionen an. Nach Angaben seiner Gewerkschaft soll auch ver.di-Chef Frank Bsirske von der Deutschen Telekom bespitzelt worden sein. Inzwischen liegen Informationen vor, dass Verbindungsdaten von Bsirske und Vorstandsmitglied Rolf Büttner ausspioniert worden seien, sagte ver.di-Vorstand Lothar Schröde.

Berlin. Bsirske und Büttner sind nicht Mitglieder des Telekom-Aufsichtsrates. Büttner war zum Zeitpunkt der Beobachtung stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Post AG.

Insgesamt seien zwölf Betriebsräte in dem Konzern und zehn ihrer Mitarbeiter ausspioniert worden, sagte Schröder. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Bonner Staatsanwaltschaft bespitzelte die Telekom durch die illegale Auswertung von Verbindungsdaten insgesamt 55 Menschen, darunter auch sieben Journalisten. Die Betroffenen seien angeschrieben und aufgefordert worden, einen Strafantrag zu stellen, teilte Oberstaatsanwalt Fred Apostel in Bonn mit. Zu dem Personenkreis gehören Mitglieder der Aufsichtsräte der Telekom und deren Tochterfirma T-Mobile, ein Vorstandsmitglied der Telekom sowie Betriebsräte und dem Konzernbereich nicht zuzuordnende Dritte.

Schröder, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Telekom und ebenfalls Opfer der Bespitzelung, sagte seinerseits, nach einer groben Schätzung seien 2005 von der Telekom die Verbindungsdaten von 60 bis 70 Personen aus den Reihen der Gewerkschaften, der Betriebsräte und deren Mitarbeiter gespeichert worden, sowie ein Arbeitsdirektor. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um das ehemalige Vorstandsmitglied Heinz Klinkhammer. Die Staatsanwaltschaft müsse inzwischen Daten in einem Umfang von 160 000 Aktenordnern auswerten. Nach ihren Angaben könnten sich Zeiträume und Personenkreis noch ausweiten, sagte Schröder.

Die Argumentation der Telekom, man habe Lücken im Aufsichtsrat stopfen wollen, greife nicht mehr, sagte Schröder. Er selbst sei bereits vor seinem Aufsichtsratsmandat ausspioniert worden. Mit Bsirske und Büttner seien weitere Personen ausgespäht worden, die keinen Zugang zu Informationen des Kontrollgremiums gehabt hätten. Es handle sich hier also "nicht nur um ein "ruppiges Vorgehen" des Arbeitgebers, sondern um eine "Verletzung von Grundrechten" und aus der Telekom heraus um ein kriminelles Verhalten, sagte Schröder.

Die Entschuldigungen des Vorstandes in den vergangenen Tagen und die Zusicherung von mehr Transparenz seien zwar zu begrüßen, reichten aber nicht aus, sagte Schröder weiter. Die Staatsanwaltschaft müsse entschieden gegen die Machenschaften vorgehen. Die Lücken im Aufsichtsrat schließen zu wollen, sei in Ordnung, aber nur im Rahmen des rechtlich Möglichen. Die Situation im Konzern sei derzeit angespannt und das Misstrauen sehr groß.

In einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag) sprach Telekom-Chef Rene Obermann von einem Angriff auf die Mitbestimmung und den besonderen Status der Betriebsräte. Das neue Vorstandsmitglied für Datenschutz, Manfred Balz, hatte darüber hinaus vor wenigen Wochen die Bespitzelung von Journalisten einen "monströsen Angriff auf die Pressefreiheit" bezeichnet.

Die Telekom hatte in den Jahren 2005 und 2006 Verbindungsdaten überprüfen lassen, um undichte Stellen im Konzern über die Weitergabe von vertraulichen Informationen zu schließen. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel und den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Kai-Uwe Ricke. Die Affäre war im April durch Presseberichte bekanntgeworden.