Bürgermeister fährt noch am Wahlabend in die Hauptstadt. Dort tagt heute das Präsidium der Partei. Von Beust für Bündnis mit SPD oder GAL offen.

Mit frenetischem Jubel, Applaus und "Ole, Ole!"-Rufen wurde Bürgermeister Ole von Beust (CDU) von seinen Parteianhängern im CCH-Hauptquartier der Union empfangen. Es drängten sich so viele Parteifreunde und Journalisten in den kleinen Raum, dass der Bürgermeister mit seinen Sicherheitsleuten fast in der Tür stecken blieb.

Auf der Bühne angekommen, rief von Beust seinen Parteimitgliedern zu: "Das ist ein tolles Ergebnis, und ich freue mich." Er sei "lange genug dabei", als dass er nicht wüsste, "dass man Ergebnisse über 40 Prozent früher als Traum abgetan hätte", sagte von Beust. Er wertete das Ergebnis "als klaren Führungsauftrag für die CDU in Hamburg". Die Arbeit der nächsten Wochen sei es, schnell eine neue Regierung zu bilden. Von Beust kündigte an, sowohl mit den Sozialdemokraten als auch mit den Grünen Gespräche über eine mögliche Koalition zu führen. "Es sieht ja im Moment so aus, dass die FDP nicht reinkommt. Wenn sich das noch ändert, würde es mich freuen." An SPD und GAL appellierte er: "Lassen Sie uns als Demokraten alles tun, damit Kommunisten und Linksradikale keinen Einfluss auf die Regierungsbildung in dieser Stadt haben."

Trotz des Verlustes von rund 4,5 Prozentpunkten und verlorener absoluter Mehrheit überwog bei Ole von Beust die große Freude. "Als ich 1997 als Spitzenkandidat anfing, haben wir aufgebaut auf 25 Prozent", sagte von Beust dem Abendblatt. "Nun sind wir deutlich über 40 Prozent. Also die Freude überwiegt bei Weitem." Mit welcher Partei er zuerst reden werde, habe er sich noch nicht überlegt, so von Beust. "Mir steckt ja noch der Wahlkampf in den Knochen." Er stehe - "wenn die Bedingungen stimmen" - sowohl als Bürgermeister einer Großen Koalition als auch einer schwarz-grünen Koalition zur Verfügung. Er wolle aber zunächst die Gespräche abwarten.

Ole von Beust ist froh, dass der Wahlkampf jetzt zu Ende ist. "Das schlaucht ganz schön", sagte der Wahlsieger. Außerdem hätten die Menschen "mal wieder das Recht, von der Politik in Ruhe gelassen" zu werden, dachte von Beust auch an die Hamburger.

Am gestrigen Abend hetzte der Bürgermeister zunächst von Interview zu Interview. "Anschließend gehe ich noch in die Fischauktionshalle, um ein bisschen zu feiern mit meinen Leuten." Noch am späten Abend wollte von Beust zur heutigen Präsidiumssitzung nach Berlin fahren. "Ich bin jetzt so unter Dampf, da fahre ich lieber heute Abend hin und entspanne beim Fahren und kann in Berlin gut schlafen", sagte von Beust.

An Schlaf dachte zu Beginn des Wahlkrimis keiner im Hauptquartier der CDU. Jubel und leichte Enttäuschung hielten sich die Waage. Kurz vor 18 Uhr hatten sich rund 200 Parteimitglieder in den kleinen Raum gequetscht, viele trugen orange Schals mit "Ole"-Schriftzug.

Als um Punkt 18 Uhr die erste Prognose über den Bildschirm lief, rissen alle jubelnd die Arme in die Luft: Fast 43 Prozent für die Christdemokraten - damit hatten viele nicht gerechnet. Sekunden später dann auch Ernüchterung: Das knappe Ergebnis der FDP machte klar, dass es nicht für die Traum-Koalition mit den Liberalen reichen würde. Dann wieder Optimismus. "Warten wir noch mal 'ne halbe Stunde, dann sieht's bestimmt anders aus", sinnierte Bürgerschaftspräsident Berndt Röder. Zweckoptimismus auch bei Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig: "Durch die Auszählung der Briefwahlstimmen kommt bestimmt noch mehr heraus." Als "hoch spekulativ" bezeichnete der parteilose Innensenator Udo Nagel das Ergebnis, während sich Fraktionsvize Frank Schira als "hoch optimistisch" outete. "Am Schluss sehe ich uns bei 44 Prozent", war sich Hans-Detlef Roock (ebenfalls Fraktionsvize) sicher. "Wenn es bei der FDP nicht reicht, haben wir ja noch andere Optionen", orakelte Roock bereits zu diesem Zeitpunkt. "Klasse" sei, dass die Linke so weit hinter den letzten Umfragen zurückgeblieben sei.

Schließlich wich die Begeisterung bei den Christdemokraten immer stärker einer gewissen Ratlosigkeit. Während sich jüngere Mitglieder innerlich schon auf eine mögliche schwarz-grüne Koalition vorbereiteten, schien bei den älteren die Sympathie für eine Große Koalition ausgeprägter. Auf Nachfrage hielten es aber alle mit dem Bürgermeister: "Erst wird verhandelt, dann sehen wir mal."

Die FDP war mit acht Personen im CCH akkreditiert. Man eilte von Interview zu Interview, während es im Konferenzzimmer weitgehend leer blieb. Von Anfang an belastete das kippelige Ergebnis die Stimmung bei den Liberalen, ständig glichen Spitzenkandidat Hinnerk Fock und sein Team die per SMS versandten Ergebnisse ab. Als die Umfrageergebnisse auf 4,9 absackten, versuchte Hinnerk Fock es mit Optimismus: Es sind ja erst 40 Wahllokale von mehr als 1000 ausgezählt."