BERLIN. Nach monatelangem Streit innerhalb der Koalition und innerhalb der SPD haben sich die Union und die Sozialdemokraten auf neue Weichenstellungen in der Arbeitsmarktpolitik verständigt. So soll das Arbeitslosengeld (ALG) I für Ältere länger bezahlt und der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung von 4,2 auf 3,3 Prozent gesenkt werden. Länger Arbeitslosengeld erhalten erst mindestens 50-Jährige. Die SPD wollte dies bereits ab 45 Jahren.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla wertete die Einigung beim Arbeitslosengeld (ALG) I als Erfolg für seine Partei. Die Union habe ihren Kurs beibehalten, betonte er im RBB-Inforadio. "Wir gehen davon aus, dass dies insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro kostet." Davon könnten mit einer Altersstaffelung bei der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I rund 300 Millionen Euro eingespart werden.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein saarländischer Kollege Peter Müller (beide CDU) begrüßten die ALG-Einigung. Der Beschluss werde nicht nur für die Arbeitslosen, sondern auch für die Wirtschaft und die Beschäftigten positive Folgen haben. "Auch die Arbeitnehmer haben netto mehr in der Tasche", sagte Rüttgers. Müller sprach von einem "vertretbaren Kompromiss".

Kritik äußerten die Linke-Bundestagsfraktion ("eine Umverteilung von unten nach oben") und die Grünen. Deren Fraktionschef Fritz Kuhn sieht in dem Beschluss zum ALG I den ersten Schritt zurück zur früheren Vorruhestandsregelung, sagte Kuhn im SWR.

Für DGB-Chef Michael Sommer enthält die längere Zahldauer beim Arbeitslosengeld I "mehrere bittere Pillen". Die Verlängerung auf 24 Monate gebe es erst für mindestens 58-Jährige. Dies komme "viel zu spät". Die Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung auf 3,3 Prozent sei längerfristig "nicht finanzierbar".

Die Senkung des Beitragssatzes schlägt bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit knapp sieben Milliarden Euro Einnahmeausfällen zu Buche. Das bestätigte eine BA-Sprecherin. Im BA-Haushalt 2008, der morgen vorgestellt werden soll, gehe die Bundesagentur noch von der offiziell vereinbarten Beitragssatzsenkung von 4,2 auf 3,9 Prozent aus.