Heiligendamm. Die Anspannung rund um den G-8-Tagungsort in Heiligendamm ist zum Greifen. Eine ganze Region ist im Ausnahmezustand. Überall im erweiterten Sicherheitsbereich um den Zaun stehen Polizisten, einzeln oder mit ihren Fahrzeugen. Straßen sind gesperrt oder nur begrenzt befahrbar. Es gibt Personenkontrollen. Nur noch Stunden, dann treffen die acht Staats- und Regierungschefs in dem mecklenburgischen Ostseebad ein. Mehr als 16 000 Einsatzkräfte sind inzwischen da, dazu kommen Technisches Hilfswerk, Sanitäter und Feuerwehren. Auch die Gipfelgegner sind zu Zehntausenden in der Region. Und die meisten der mehr als 5200 Journalisten von 582 Medien aus 58 Ländern, die sich akkreditiert haben.

Im Bootshafen Kühlungsborn sind die Webcams ausgeschaltet. Keine aktuellen Bilder mehr im Netz, während der gesperrte Hafen allmählich von Polizeikräften und -booten übernommen wird. Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma verweisen Spaziergänger rüde des Platzes. Die Ostsee vor Kühlungsborn und Heiligendamm ist für Sportschiffer und Fischer tabu. Im Seesperrgebiet dürfen nur noch Sicherungsboote unterwegs sein, nach Einbruch der Dunkelheit sogar mit Blaulicht.

Noch ist der Weg zum Zaun offen. Und viele Schaulustige kommen. Jochen Zschunke (60), Urlauber aus Leipzig, ist mit seiner Frau Hetty die 15 Kilometer von Warnemünde nach Börgerende geradelt. Da, wo der Zaun in die Ostsee mündet, hat man den perfekten Blick auf das Tagungshotel in Heiligendamm. "Wir wollten mal sehen, wie weit man kommt", sagt der Rentner. Kontrolliert worden seien sie nicht, aber die Einsatzkräfte sind allgegenwärtig. Gemächlich reiten zwei Polizisten vorbei. "Wir sind seit letzter Woche mit 20 Pferden hier", sagt Rüdiger Teichmann (50), Berittführer aus Hannover, und klopft seinem Mecklenburger "Quintus" beruhigend auf den Hals. "Bislang ist alles ruhig."

Ein Stück weiter am Strand hat eine Urlauberfamilie ihr Windzelt aufgebaut, eine Decke mit Kühltasche ausgebreitet. Daneben haben sich einige Bremer Polizisten für ein Gruppenfoto aufgestellt. Möglicherweise eine brüchige Idylle. Nicht weit vom Zaun betreibt der Hamburger Udo Scharper in Klein Bollhagen ein Feriengut. "Wir beobachten hier schon seit Längerem junge Leute, die versuchen, der Polizei zu folgen und so Schleichwege an den Kontrollpunkten vorbei auszumachen", erzählt er. Auch seien schon seit Längerem die Pflastersteine in den Baumärkten der Region ausverkauft. "Da weiß man ja, was die vorhaben." Angst hat der Gutsbesitzer trotzdem nicht. "Ich fühle mich beschützt", sagt er dann.

So sehen es viele in der Gegend. Für manche bedeutet der Gipfel auch ein gutes Geschäft. "Wir haben zusätzliche Ware gebunkert und denken über verlängerte Öffnungszeiten nach", sagt Janina, Servicekraft in einer Kühlungsborner Pizzeria. Die Nordost-Brise kräuselt die Wellen. Auf dem Sportplatz biegen sich die Birken, und Staub wirbelt auf: Dort starten und landen vier Hubschrauber der Bundespolizei.