BERLIN. Nach weiteren Verdachtsfällen von Leichenschändungen hat Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) erste Gegenmaßnahmen eingeleitet. Zwei Soldaten wurden vom Dienst suspendiert. Außerdem sollen Ausbildung, Einsatzvorbereitung und Dienstaufsicht überprüft werden. Nach der ersten Veröffentlichung in der "Bild"-Zeitung hatte auch der Sender RTL Bilder aus dem Jahr 2004 ausgestrahlt, die deutsche Soldaten in Afghanistan mit Totenschädeln posierend zeigen. Die afghanische Regierung verurteilte die Vorfälle scharf.

Die beiden suspendierten Soldaten waren laut Verteidigungsministerium an dem ersten Vorfall beteiligt. Für diesen Vorfall waren insgesamt sechs Verdächtige identifiziert worden, vier von ihnen gehören aber nicht mehr der Bundeswehr an. In dem zweiten Fall - dies betrifft die am Donnerstagabend vom Sender RTL ausgestrahlten Bilder - wurden inzwischen drei Tatverdächtige ermittelt. Zwei von ihnen sind noch im Dienst der Bundeswehr, einer bereits ausgeschieden.

Während im ersten Fall Soldaten einer Gebirgsjägereinheit aus Mittenwald beteiligt waren, soll es laut ARD im zweiten Fall um Panzergrenadiere aus Bad Segeberg in Schleswig-Holstein gehen. Der Kommandeur des Mittenwalder Bataillons sprach im "Münchner Merkur" von einem "Nackenschlag" für seine Einheit. Jung teilte weiter mit, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan sei beauftragt worden, Ausbildung, Einsatzvorbereitung und Dienstaufsicht der Soldaten zu überprüfen. Der Beauftragte für Erziehung und Ausbildung der Bundeswehr, Dieter Naskrent, soll nach Afghanistan reisen und die Vorfälle und Hintergründe vor Ort recherchieren. Auf den neuen Bildern der "Bild"-Zeitung soll ein Soldat zu sehen sein, der einem aus verschiedenen menschlichen Knochen zusammengesetzten Skelett eine Pistole an den Totenschädel hält. Einer der betroffenen Soldaten äußerte sich anonym in "Bild" zu näheren Umständen. Demnach stammen die Knochen nicht von einem Friedhof, sondern aus einer Kiesgrube bei Kabul. Niemand sei gezwungen worden, bei den Fotos mitzumachen, doch seien Soldaten, die sich weigerten, als "Weichei" verspottet worden.

Aus dem afghanischen Außenministerium hieß es, diese Taten widersprächen "islamischen Werten und afghanischen Traditionen" und lösten daher "tiefes Betrüben" aus. Die afghanische Regierung rief die deutschen Behörden auf, die Vorfälle zu untersuchen und sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholten.

Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei mahnte zu mehr Zurückhaltung bei der Veröffentlichung der Fotos. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold verurteilte die Vorfälle ebenfalls, sagte aber auch, die Bilder dürften nicht mit den Folterfotos aus dem US-Gefängnis Abu Ghraib im Irak auf eine Stufe gestellt werden.