Das neue Selbstbewußtsein der Linkspartei zeigte sich einen Tag nach der Wahl auch an den Bodyguards, mit denen die Spitzenkandidaten abgeschirmt wurden.

BERLIN. Mindestens vier Leibwächter paßten einen Tag nach der Wahl auf Oskar Lafontaine und Gregor Gysi auf. Vor allem die enorme Zunahme an Sitzen im neuen Parlament verleiht der Linkspartei Flügel.

2002 war die PDS an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nun sind es dem vorläufigen Ergebnis zufolge 8,7 Prozent. Statt zwei Direktkandidatinnen ohne Fraktionsstatus und Arbeitsmöglichkeiten werden im Plenarsaal demnächst 54 Sitze mit Tischen und Telefon für die ungeliebten Linken stehen. Partei-Chef Lothar Bisky kündigte an, die Spitzenkandidaten Lafontaine und Gysi als Fraktions-Doppelspitze vorschlagen zu wollen. Gysi selbst sprach von einer "grundlegenden Veränderung der Parteienlandschaft in Deutschland", die der Wahlerfolg der Linkspartei bedeute. Erstmals seit Anfang der 50er Jahre gebe es für das gesamte Deutschland eine Partei links der Mitte. Gysi konnte in der allgemeinen Verwirrung nach dem knappen Wahlergebnis nichts Negatives sehen. Deutschland sei nicht instabil, "sondern europäisch normaler geworden", freute sich Gysi. In anderen Ländern sei es durchaus üblich, daß nicht schon eine Stunde nach Schließung der Wahllokale die künftige Regierung feststehe.

Ob Deutschland in Zukunft von einer Ampel, einer "Schwampel" (schwarze Ampel aus CDU/CSU, FDP und Grünen), oder in einer anderen Konstellation regiert wird, diese Frage vermochte Gysi und Lafontaine nicht zu erschüttern. Die Tolerierung einer Regierung mit SPD-Beteiligung kommt laut Gysi und Lafontaine nicht in Frage. Die könnte der Linkspartei durchaus Vorteile verschaffen und ihr möglicherweise helfen, die geforderte Vermögenssteuer durchzusetzen. Doch die neue Linke will offenbar andersherum versuchen, Druck aufzubauen.

Den Weg gab WASG-Chef Klaus Ernst vor: Man wolle an Gewerkschaften und soziale Bewegungen herantreten und auch ehemalige SPD-Mitglieder für sich anwerben. Gysi schloß eine Zusammenarbeit mit der SPD in den nächsten Jahren erneut grundsätzlich nicht aus. Er werde jedoch nicht empfehlen, daß Fraktionsmitglieder der Linkspartei einer Wiederwahl Schröders im Zweifel mit ihrer Stimme den Vorzug vor Unions- Kanzlerkandidatin Angela Merkel geben. "Das wäre wirklich falsch", sagte er. Schröder stehe für den falschen Kurs.