Hannover. Der Generalinspekteur ist auf der Suche. Auf der 39. Kommandeurtagung der Bundeswehr in Hannover suchte Harald Kujat besonders nach einer Zigarre. Nicht nach irgendeiner. Sondern nach dem Geburtstagsgeschenk für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Die steckte in einem grün-braun-schwarz getupften Täschlein, in dem Soldaten normalerweise die Magazine ihrer Sturmgewehre aufbewahren. Der Glimmstängel blieb das einzige Geschenk, das die Militärs den Politikern machten. Waren sich Kanzler, sein Verteidigungsminister und die Generale noch einig, dass die Bundeswehr mit ihren zehn Auslandseinsätzen die "Grenze der Belastung erreicht, teilweise überschritten hat", sieht sich die militärische Führungselite bei der Reform im Stich gelassen. Sie fordert vor allem eines: Geld, um die Bundeswehr für die Zukunft fit zu machen. "Die Schere zwischen Auftrag und den zur Verfügung gestellten Mitteln darf nicht weiter auseinander gehen", schrieb Kujat dem Kanzler ins Gebetbuch. Denn fest steht: Erhält die Bundeswehr nicht die notwendigen Mittel für ihren Umbau, werden die Streitkräfte ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Auf einen Geldsegen können die Militärs jedoch nicht hoffen. Wohl auch deshalb sieht Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) keinen Grund, den bisherigen Verlauf der Bundeswehrreform "besonders euphorisch" zu beurteilen. Aber er sieht auch keinen Grund, "das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen". Ein Konzept, wie die "Neuausrichtung der Bundeswehr von Grund auf" erfolgen soll, konnte der Wehrminister freilich nicht bieten. "Luftnummern" hatten gleich mehrere Generale in der Rede des Inhabers der Befehls- und Kommandogewalt ausgemacht. Andere flüchteten sich in Sarkasmus und interpretierten das Tagungslogo auf ihre Weise. Auf dem sind in einem Dreieck dem Begriff "Auftrag" eine schwarze Kugel, den "Mitteln" eine rote und ihren "Fähigkeiten" eine gelbe Kugel zugeordnet. Das bedeute, lächelte ein Teilnehmer verschmitzt, dass "wir bei den Fähigkeiten aus dem grünen Bereich raus sind, bei den Mitteln Rot gezeigt bekommen und für den Auftrag schwarz sehen". Andere seiner Kameraden hatten in der Rede ihres politischen Chefs bloßen Wahlkampf ausgemacht. Scharping glaubt, dass sich bereits seit Beginn der 90er-Jahre "gravierende Defizite" angehäuft hätten, die der "deutschen Verteidigungspolitik und damit der Bundeswehr acht Jahre" kosteten. Dass brachte den Generalmajor Servatius Maeßen derart auf die Palme, dass er ans Mikrofon schritt und den Minister an die damalige Zeit erinnerte: Die Volksarmee der DDR sei damals aufgelöst, ihre Soldaten in die Bundeswehr integriert worden. Der Umfang der Streitkräfte sei drastisch reduziert worden. "Ihre Aussage irritiert mich, Herr Minister", sagte Maeßen. Seine Kameraden applaudierten - mindestens die sieben Sekunden lang, die Scharping für seine Rede erntete. Die Zigarre für den Kanzler hat der Generalinspekteur schließlich gefunden. Ein Konzept, wie das Vertrauen der Truppe in die Führung wieder gewonnen werden kann, ist noch nicht in Sicht.