Bundeswehr Auf der Kommandeurtagung werden heftige Debatten über Finanzierung und Ausstattung der Streitkräfte erwartet.

Hannover Bei denkbar schlechter Stimmung in der Truppe kommen heute in Hannover die Kommandeure der Bundeswehr zu ihrer 39. Tagung zusammen. Unter dem Motto "Aufgaben - Mittel - Fähigkeiten" treffen sich 650 Teilnehmer, darunter alle Generale und Admirale, alle Kommandeure und Dienststellenleiter ab Brigade- beziehungsweise Regimentsebene sowie die Spitze der Bundeswehrverwaltung. Es werden intensive Debatten über die Finanzierung und Ausstattung der Streitkräfte erwartet, die von Offizieren als mangelhaft kritisiert werden. Denn was der General Dieter Löchel unlängst meldete, ist der Bundeswehr-interne Verteidigungsfall: Die Truppe steht nicht mehr vorbehaltlos hinter der militärischen Führung, schrieb der Beauftragte für Erziehung und Ausbildung beim Generalinspekteur seinem Chef Harald Kujat in einem 30 Seiten umfassenden Report. Der Panzergeneral kommt zu dem Schluss: Die innere Lage in den Streitkräften ist angespannt. Der politischen Führung wird mit starken Vorbehalten begegnet. Die Zurückhaltung der Generalität wird unverhohlen kritisiert. Ihre Diskretion können die Generale und Admirale ab heute aufgeben. Außer dem Generalinspekteur werden auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) mit der militärischen Führungselite zusammentreffen. Die von Kujat und Scharping auf den Weg gebrachte Reform der Bundeswehr verkümmert zunehmend. Zum einen fehlt schlicht das Geld. Andererseits wird die Truppe in immer mehr Einsätze rund um den Globus geschickt, und das militärisch-politische Duo an der Spitze der Streitkräfte hat längst nicht mehr das Vertrauen ihrer Untergebenen. "Diese siamesischen Zwillinge Scharping und Kujat sind das Schlimmste, was der Bundeswehr je passiert ist", stöhnt ein General. Kujat sei zudem nicht mehr richtig bei der Sache, wird gemunkelt. Denn im Herbst übernimmt er den Vorsitz über den NATO-Militärausschuss in Brüssel. Und über allem schwebt die Gefahr, dass die Wehrpflicht zum Wahlkampfthema mutiert. Am Mittwoch wird das Bundesverfassungsgericht vermutlich die Klage eines Totalverweigerers abweisen, der den Zwangsdienst abgeschafft wissen will. Mehr noch: Der zweite Senat wird der Regierung und dem Parlament noch nicht einmal Auflagen für den Umgang mit der Wehrpflicht vorschreiben, sondern die Politik alleine machen lassen. Mit bereits jetzt unabsehbaren Folgen: In der SPD ist ein Kampf um die Abschaffung der Wehrpflicht entbrannt, Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel fordert das soziale Pflichtjahr für Männer und Frauen. Die Grünen wollen sowieso eine Berufsarmee, und die CDU will junge Männer künftig nur noch neun Monate einziehen lassen. Bereits jetzt, stöhnt General Löchel, reicht die zehnmonatige Wehrpflicht in vielen Verbänden nur noch aus, um die Soldaten zu Handlangern zu machen. Seine Kameraden auf der Kommandeurtagung werden das bestätigen. Mit wenig Hoffnung, dass sich etwas ändert. Denn, so hat Löchel festgestellt, der militärische Sachverstand wird nicht in denn politischen Entscheidungsprozess eingebracht.