Clinton: Verbrechen aus dem 17. Jahrhundert müssen mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts bekämpft werden.

Berlin. Die USA wollen schärfer gegen die Piraten am Horn von Afrika vorgehen. Außenministerin Hillary Clinton legte einen Aktionsplan vor, der eine intensivere internationale Zusammenarbeit, höhere Sicherheitsstandards an Bord von Schiffen sowie eine Verbesserung der Lage in Somalia vorsieht. "Diese Piraten sind Kriminelle, es sind bewaffnete Banden auf hoher See", sagte Clinton. Die bisherigen Schritte im Kampf gegen die Seeräuberei seien nicht ausreichend gewesen. Man habe es zwar mit einem Verbrechen aus dem 17. Jahrhundert zu tun, doch müssten Mittel des 21. Jahrhundert dagegen eingesetzt werden. Clinton kündigte die Entsendung eines Regierungsvertreters zur Somalia-Konferenz an, die für den 23. April in Brüssel geplant ist.

Deutsche Reeder forderten, die Mutterschiffe der Seeräuber ins Visier zu nehmen. "Diese Schiffe außer Gefecht zu setzen, das ist aus unserer Sicht die wesentliche Aufgabe", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, Hans-Heinrich Nöll. Die Mutterschiffe würden es den Piraten ermöglichen, weit vor der Küste auf See zu operieren. "Da haben sie Treibstoffvorräte und Waffen." Auch deutsche Politiker verlangen eine härtere Gangart. "Das Mandat erlaubt mehr als nur Schüsse vor den Bug", meinte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold in der "Stuttgarter Zeitung". Und der CDU-Militärpolitiker Ernst-Reinhard Beck sagte dem Blatt: "Um die Seeräuberei auszutrocknen, müssen die Mutterschiffe der Piraten auf See und deren Stützpunkte und Häfen in Somalia zerstört werden."

Der deutsche Anwalt eines in Kenia inhaftierten mutmaßlichen Piraten rechtfertigte unterdessen seine Klage gegen die Bundesregierung. "Jeder materielle und immaterielle Schaden, der meinem Mandanten durch die unrechtmäßige Überstellung an Kenia entsteht, muss erstattet werden", sagte Oliver Wallasch der "Frankfurter Rundschau". Dieser Schaden liege bei 10 000 Euro. "Die Bundesregierung hat geglaubt, das Problem nach Kenia abschieben zu können, damit kein deutsches Gericht diese Fälle behandeln muss", meinte Wallasch. Die Vereinbarung zwischen Kenia und der EU über die Einhaltung europäischer Mindeststandards werde bereits gebrochen, bevor der Prozess am 22. April in der kenianischen Hafenstadt Mombasa beginne. Das Verfahren solle deshalb nach Hamburg verlegt werden.

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wies diese Forderung gestern energisch zurück. "Die Ereignisse vor der somalischen Küste müssen für die Vereinten Nationen Anlass sein, endlich einen Internationalen Gerichtshof für Piraterie zu gründen", sagte Eckart von Klaeden dem Hamburger Abendblatt. "Solange es diesen Gerichtshof nicht gibt, sollten die Aburteilungen in der Region stattfinden. Rechtsstaatliche Grundsätze können auch in Afrika gewahrt werden. Es dient der strafrechtlichen Prävention, dass dort verurteilt wird, wo die Straftat begangen wurde."

Dass die deutschen Piraten-Anwälte der Bundesregierung "gewaltig auf den Wecker gehen", räumte Wallaschs Kanzleikollege Michael Koch selbst ein. Die deutschen Behörden seien in einer unangenehmen Lage. Er glaube nicht, so Koch, dass die Bundesregierung juristisch blauäugig in die seit Dezember laufende EU-Anti-Piraten-Operation "Atalanta" gegangen sei. "Sie wundert sich nur, dass sich jemand dafür interessiert."

Während die Bundesregierung offiziell erklärte, man nehme die Klage ernst, war inoffiziell von Profilierungssucht der Anwälte die Rede. Es sei absurdes Theater, wenn schwer bewaffnete Piraten ein deutsches Handelsschiff in erpresserischer Absicht angegriffen, deutsche Marine-Soldaten eine Kaperung vereitelt hätten und die Täter am Ende als Opfer dastünden, hieß es. Dass ihr Mandant eine "Seepassage in den Jemen" gebucht habe, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen, nimmt den Anwälten offenbar niemand ab.

Europa wird weitere Kriegsschiffe in den Kampf gegen die somalischen Piraten schicken. Im Mai sollen zwei Fregatten und ein Versorgungsschiff aus Schweden die internationale Flotte am Horn von Afrika verstärken. Die Niederlande und Norwegen werden im August mit je einem Schiff nachziehen.