Nach Kanzlerin Merkel lehnen etliche Vertreter der Großen Koalition vorgezogene Neuwahlen ab. Doch gestritten wird weiter.

Berlin. Angela Merkel hatte die Marschrichtung bei Anne Will vorgegeben - gestern folgten ihr zahlreiche Politiker der Großen Koalition. Und beteuerten, trotz zunehmender Streitigkeiten das verbleibende halbe Jahr bis zur Bundestagswahl zusammenbleiben zu wollen. Zugleich setzten die Koalitionspartner aber auch ihre gegenseitigen Vorwürfe fort. Insbesondere die Frage, wie dem Autobauer Opel geholfen werden kann, sorgt zwischen Union und SPD weiter für Streit.

Der Forderung von FDP-Chef Guido Westerwelle, die Bundestagswahl mit der Europawahl am 7. Juni zusammenzulegen, erteilten alle Koalitionsparteien eine Absage. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte nach einer Präsidiumssitzung in Berlin, die Bundesregierung müsse gerade in der jetzigen Wirtschaftskrise bis zum regulären Wahltermin ihre "Pflicht tun". Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sagte im RBB-Inforadio: "Wir müssen bis zum 27. September die Probleme, die jetzt dieses Jahr noch kommen, auch gemeinsam lösen."

Ähnlich äußerten sich Unionsvertreter. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte im WDR, er habe "überhaupt keinen Zweifel", dass die Koalition weitermache. "Wir sind für die gesamte Strecke gewählt." Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) versicherte im BR: "Die Koalition wird ihre Arbeit ordentlich zu Ende führen, und zwar bis zum regulären Ende der Wahlperiode."

Trotz der ablehnenden Stimmen erneuerte die FDP ihre Forderung nach einer Neuwahl. "Wir wollen nicht, dass dieses Chaos bis September weitergeht", sagte Westerwelle in Berlin. Dazu forderte er Merkel auf, die SPD-Minister aus dem Kabinett zu entlassen, wie dies am Wochenende faktisch auch CSU-Chef Horst Seehofer verlangt habe. Die Kanzlerin hatte ein vorzeitiges Ende der Koalition schon am Sonntagabend abgelehnt und alle Koalitionspartner aufgefordert, zur sachlichen Arbeit zurückzukehren.

SPD-Generalsekretär Heil betonte, die SPD sei weiter zu Sacharbeit bereit, auch bei den Streitigkeiten der vergangenen Woche sei es in Wahrheit um Inhalte gegangen. "Was störend ist, ist die Tatsache, dass wir hin und wieder bei notwendigen Entscheidungen innerhalb der Koalition entweder durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion oder die von der CSU dominierte bayerische Staatskanzlei ausgebremst werden." Bereits getroffene Vereinbarungen dürften nicht "aufgedröselt" werden.

Für Streit sorgt weiter die Frage einer möglichen Staatsbeteiligung am Autobauer Opel. CSU-Landesgruppenchef Ramsauer lehnte dies strikt ab. Dagegen warnte Heil, man dürfe nicht aus ideologischen Gründen "tatenlos dabei zusehen, wie Hunderttausende Arbeitsplätze den Bach runtergehen". Merkel hatte auf die Frage nach einer Staatsbeteiligung gesagt: "Die Absicht haben wir zurzeit nicht, aber ich sehe auch gar nicht die Notwendigkeit."

Westerwelle entgegnete, es wäre falsch, wenn der US-Mutterkonzern General Motors "quasi weiter Eigentümer von Opel" bleiben solle.