Wenn Kinder sieben Jahre alt werden, müssen Geschiedene grundsätzlich eine Ganztagsstelle annehmen. Das gilt aber nur, wenn das Kind nach der Schule betreut wird. Die Arbeitspflicht wurde verschärft. Doch was, wenn die Kinder zum Beispiel bei Krankheit mehr Betreuung brauchen?

Karlsruhe. Geschiedenen ist ab dem siebten Geburtstag ihres Kindes grundsätzlich eine Ganztagsarbeit zumutbar, wenn für das Kind nach der Schule eine Betreuungsmöglichkeit besteht. Mit diesem Grundsatzurteil (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof XII ZR 74/08) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Arbeitspflicht Geschiedener verschärft, die ein gemeinsames Kind betreuen. Der Familiensenat des BGH legte erstmals das seit Januar 2008 geltende neue Unterhaltsrecht aus.

Im konkreten Fall hatte eine Studienrätin mit einem Kind eine 70-Prozent-Stelle. Das Kammergericht Berlin hatte der Frau wegen der Betreuung des Kindes monatlich rund 840 Euro Unterhalt von ihrem Ex-Mann zugesprochen. Die Lehrerin müsse nicht voll arbeiten. Die Karlsruher Richter hoben dieses Urteil jetzt auf und verwiesen den Fall zurück. Das Kammergericht habe die Reduzierung der Arbeit allein mit dem Kindesalter begründet. Das sei vom neuen Recht aber nicht gedeckt.

Das Kammergericht muss nun prüfen, ob im konkreten Fall Gründe für einen erhöhten Betreuungsbedarf des Kindes bestehen. Die Mutter hatte eine chronische Krankheit des Kindes geltend gemacht, der Junge leide an Asthma. Der Vater sprach dagegen von Husten und Bronchitis.

Das Gericht muss nun die gesundheitliche Beeinträchtigung klären und zudem feststellen, ob im Kinderhort, in den der Sohn geht, eine Hausaufgabenbetreuung gewährleistet ist.

Fraglich ist dem BGH zufolge bisher auch, ob die Studienrätin nachmittags nach 16 Uhr, wenn der Hort geschlossen hat, unterrichten muss. Nur wenn die Krankheit eine besondere Betreuung notwendig macht, kann die Studienrätin weiter eine Zwei-Drittel-Stelle nehmen. Andernfalls muss die Deutsch- und Englischlehrerin Vollzeit arbeiten.

In Deutschland gibt es knapp 1,6 Millionen Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren. Nach den neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2007 sind mit einer Anzahl von 1,4 Millionen die allermeisten Alleinerziehenden Frauen.

Jede dritte Ehe wird in Deutschland früher oder später geschieden. Dem Bundesamt zufolge ließen sich 187 072 Ehepaare im Jahr 2007 scheiden, bei knapp der Hälfte der Scheidungen (49 Prozent) waren Kinder betroffen. Die Ehen hielten im Schnitt fast 14 Jahre. Die Männer waren zum Zeitpunkt der Scheidung durchschnittlich 44 Jahre alt, die Frauen 41 Jahre.