Ursula von der Leyen (CDU) hat eindringlich an die Wirtschaft appelliert, das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen abzubauen.

Hamburg/Berlin. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat eindringlich an die Wirtschaft appelliert, das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen abzubauen. "Unternehmen und Gewerkschaften müssen sich fragen lassen, warum typische Frauenberufe wie Altenpflegerin und Krankenschwester immer noch deutlich schlechter bezahlt werden als typische Männerberufe gleicher Ausbildungsgüte wie Elektriker oder Automechaniker", sagte von der Leyen dem Hamburger Abendblatt. "Das ist ebenso wenig hinnehmbar wie die Tatsache, dass viel zu viele Frauen in Deutschland unterhalb der Chefetage an eine gläserne Decke stoßen." Viele andere Länder in Europa zeigten, dass dies kein Naturgesetz sei.

In Deutschland bekommen Frauen durchschnittlich 23 Prozent weniger Gehalt als Männer, wie aus einem EU-Bericht hervorgeht, der sich auf Zahlen aus dem Jahr 2007 bezieht und den EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla in dieser Woche vorstellte. Danach schneiden deutsche Frauen schlechter ab als ihre europäischen Kolleginnen. In der EU beträgt die Kluft beim Brutto-Stundenlohn von Männern und Frauen durchschnittlich 17,4 Prozent. Eine neue Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ergab ein Lohngefälle von 20 Prozent in Deutschland und bestätigte damit die Aussage der EU-Erhebung. Die Ungleichheit finde sich nicht nur beim Grundgehalt, sondern auch bei Sonderzahlungen wie etwa dem Weihnachtsgeld. "Zum Teil werden Frauen schlechter bezahlt, weil sie Frauen sind", erklärte Reinhard Bispinck vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Stiftung. Andere Gründe für die Einkommensunterschiede seien, dass Frauen häufig in Wirtschaftszweigen mit niedrigerem Einkommensniveau arbeiteten und in Führungspositionen unterrepräsentiert seien.

Von der Leyen will heute im Deutschen Bundestag zu dem Lohngefälle Stellung beziehen. Vorab nannte sie im Abendblatt als wesentliche Ursache, dass Frauen für Kindererziehung sehr lange aus dem Beruf ausstiegen. "Das kostet spürbar Gehaltseinbußen und Karriereeinbrüche", sagte sie. "Da aber Kinder Zeit brauchen und der Beruf Zeit braucht, hilft uns nur, Kindererziehung zum gemeinsamen Anliegen von Männern und Frauen zu machen." Die Ministerin betonte: "Vätermonate beim Elterngeld schaffen Zeit für Kinder, mehr Kitaplätze schaffen Zeit für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie." In diese Strukturen investiere der Staat gerade viele Milliarden Euro.

EU-Kommissar Spidla jedenfalls ist zuversichtlich, dass die Bundesregierung die Weichen richtig stellt. "Ich bin der Meinung", sagte er, "dass wir in Deutschland eine Verbesserung erwarten können."