16 Prozent der Deutschen würden derzeit die Liberalen wählen. Ministerpräsident Müller betont: “Wir sind die Partei der sozialen Marktwirtschaft.“

Berlin. In der Union hat sich angesichts sinkender Umfragewerte die Debatte um den Kurs der Partei verschärft. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte dem Hamburger Abendblatt: "Die CDU ist und bleibt die Partei der sozialen Marktwirtschaft. Und diese ist das glaubwürdigste Konzept gegen die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise. Dies müssen wir noch stärker in der politischen Auseinandersetzung deutlich machen."

Müller reagierte damit auf eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa, wonach die Union in der Sonntagsfrage nur noch auf 34 Prozent der Stimmen kommt. Damit hat die CDU/CSU in der zweiten Woche in Folge einen Punkt verloren und läge unter ihrem Ergebnis der Bundestagswahl von September 2005, als sie 35,2 Prozent der Wählerstimmen erhielt. Die FDP kann ihr Rekordhoch von 16 Prozent halten, das sie in der Woche zuvor erreicht hatte. Die SPD gewinnt einen Punkt hinzu, bleibt mit 23 Prozent aber im Stimmungstief. Die Grünen verbessern sich ebenfalls um einen Punkt auf 11 Prozent. Die Linke verliert bei der Umfrage einen Prozentpunkt und kommt ebenfalls auf 11 Prozent.

Müller verband seinen Appell an die eigene Partei mit Kritik am Kurs der Liberalen, deren aktuelle Gewinne bei Wahlen und in Umfragen "nicht mehr als eine Momentaufnahme" seien. "Die FDP steht für die freie Marktwirtschaft, die mit ihren verschiedenen Ausformungen mit ursächlich ist für die aktuelle Krise. Wir setzen auf den Markt. Aber der Markt braucht Ordnung", so Müller. Auch der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der ebenso wie Müller am 30. August eine Landtagswahl bestehen muss, betonte gegenüber dem Hamburger Abendblatt, dass die Leistungen der Liberalen sich aktuell in Grenzen hielten: "Bisher ist in Sachen Finanzkrise und Konjunkturprogramm nichts politisch Substanzielles von der FDP gekommen. Es reicht nicht aus, in jeder Lebens- und Wetterlage nur nach Steuersenkungen zu rufen."

Vertreter des Wirtschaftsflügels der Union sorgen sich indes vielmehr darum, dass die CDU/CSU ordnungspolitisch zu weit nach links rutscht. Michael Fuchs (CDU), Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand, warnte seine Partei, beim Thema Mindestlohn vorm Koalitionspartner SPD einzuknicken. Das wäre ein "Druckbeatmungsprogramm für die FDP", sagte er dem "Tagesspiegel". Die mit den Sozialdemokraten vereinbarte Lohnuntergrenze für Zeitarbeit stand gestern erneut nicht auf der Themenliste des Kabinetts. Zuvor hatte es bereits scharfe Kritik an der von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Novelle zum Datenschutzgesetz gegeben, wonach Adressen künftig nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen weitergegeben werden dürfen. Das vernichte Tausende Arbeitsplätze, sagte etwa der haushaltspolitische Sprecher Steffen Kampeter.

Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) versuchte die Wogen zu glätten: "Ich sehe nicht, dass die Sache in unserer Fraktion oder in der SPD-Fraktion mit Macht vorangetrieben wird. Deshalb halte ich es für durchaus möglich, dass man am Ende sagt: 'Komm, das brechen wir jetzt nicht übers Knie, das soll der Gesetzgeber in der nächsten Wahlperiode entscheiden.'" Mit der Einschätzung steht er nicht alleine: Auch ein Unions-Kabinettsmitglied hält die Chancen, dass die Novelle des Datenschutzgesetzes noch in dieser Legislaturperiode kommt, mittlerweile für gering: Zu massiv sei der Widerstand von Wirtschaftsvertretern.