Im Fall des unverzollten Mitbringsels aus Afghanistan gerät Entwicklungsminister Dirk Niebel ins Visier der Berliner Staatsanwaltschaft.

Berlin/München. In der Teppich-Affäre von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) prüft die Berliner Staatsanwaltschaft nach "Spiegel“- Informationen einen Anfangsverdacht auf ein mögliches strafbares Verhalten. "Wenn keine Zollanmeldung erfolgte, obwohl das verpflichtend gewesen wäre, dann ist grundsätzlich der Tatbestand der versuchten Steuerhinterziehung erfüllt“, erklärte Christine Kolodzeiski, Sprecherin des Hauptzollamts am Frankfurter Flughafen. Nach der ersten Anfrage des "Spiegel“ hatte Niebel einen Antrag auf Nachverzollung gestellt.

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Niebel den bei einer Dienstreise in Afghanistan privat gekauften Teppich zunächst in der deutschen Botschaft lagern und später mit einem Flugzeug des Bundesnachrichtendienstes (BND) nach Berlin-Schönefeld bringen ließ. Dort nahm sein Fahrer den 30 Kilogramm schweren Einkauf direkt am Rollfeld entgegen, ohne den Teppich beim Zoll zu deklarieren. BND-Präsident Gerhard Schindler war davon ausgegangen, dass es sich bei der Fracht um ein Gastgeschenk gehandelt und er daher mit dem Transport im Dienst-Jet Amtshilfe geleistet habe.

Niebel beantragt Nachverzollung

Niebel gibt sich allerdings optimistisch, die Affäre um den unverzollt aus Afghanistan eingeflogenen Teppich rasch hinter sich zu bringen. "Durch meinen Antrag auf Nachverzollung wird die ganze Angelegenheit beglichen“, sagte er dem Magazin "Focus“.

Zugleich äußerte Niebel erneut Reue: "Ich habe mir vorzuwerfen, dass ich mich nicht selbst um die Dinge gekümmert habe. Das tut mir leid, vor allem weil ich den BND-Präsidenten in eine unangenehme Lage gebracht habe.“ Der "Bild am Sonntag“ sagte der Minister über den Teppich-Vorfall: "Das war blöd von mir.“

Niebel: Teppich war privates Souvenir

Niebel hatte den Sachverhalt am Freitagabend in einer Stellungnahme so dargestellt: "Ich habe zu keinem Zeitpunkt einen Hehl daraus gemacht, dass es sich bei dem gekauften Teppich um ein privates Souvenir handelte, und das auch nicht verschwiegen. Es gab allerdings rund um den Transport des Teppichs keinerlei Kontakt zwischen dem BND und mir. Ich wusste nur, dass der Teppich freundlicherweise in einer BND-Maschine mitgenommen würde.“ Bereits zuvor hatte Niebel von einem "Missverständnis“ gesprochen.

+++ Dirk Niebels fliegender Teppich aus Afghanistan +++

Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke forderte Niebel am Sonnabend auf, den Vorfall restlos aufzuklären. "Der Minister muss klarstellen, ob die Teppichaffäre ein Einzelfall ist, oder ob er Dienstreisen und Botschaftsmitarbeiter öfter für private Einkaufstouren nutzt.“ Zudem müsse er erklären, wer den Teppichtransport durch die Luft und auf der Straße bezahle. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte "Handelsblatt Online“: "Der Minister soll im Bundestag alles aufklären, sich für Fehler gegebenenfalls entschuldigen und Zoll oder Gebühren nachentrichten.“

Auslöser der Teppich-Affäre war laut "Focus“ ein anonymes Schreiben von BND-Mitarbeitern, die den Wechsel an der Spitze ihrer Behörde von Ernst Uhrlau zu Schindler nicht verwunden haben. Adressiert war das Schreiben unter anderem an Journalisten und die Innenpolitiker Thomas Oppermann (SPD) und Wolfgang Neskovic (Linke).

Merkel geht auf Distanz zu Niebel

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war am Freitag auf Distanz zum FDP-Minister gegangen. Sie erwarte, dass Niebel "so schnell und so vollständig wie möglich“ das Notwendige in der Angelegenheit nachhole, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Nach Angaben des für den Zoll zuständigen Finanzministeriums wird für die Einfuhr von Teppichen aus Nicht-EU-Ländern für private Zwecke eine Umsatzsteuer von 19 Prozent fällig. Die Freigrenze liege bei 430 Euro. Bei einer Selbstanzeige sei aber ein eigentlich automatisch fälliges Steuerstrafverfahren hinfällig, erklärte ein Sprecher.

Niebel geht davon aus, dass der Teppich nicht mit Kinderarbeit hergestellt wurde. Er sagte auf Anfrage der "Bild“-Zeitung (Sonnabend): "Auf meine Bitte hin hat mir ein Mitarbeiter der Botschaft einen vertrauenswürdigen Händler empfohlen, bei dem ich davon ausgehen konnte, dass dieser Händler alle Sozial- und Umweltstandards einhält.“ Aus "Sicherheitsgründen“ sei ihm "der Kauf eines Teppichs auf normalem Weg nicht möglich“ gewesen, erklärte der Minister.

Mit Material von dpa