Entwicklungsminister reist als erstes Regierungsmitglied seit 1984 nach Myanmar

Berlin. Seit Wochen begleitet Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) die scharfe Kritik der Opposition an seiner Personalpolitik. Jetzt versucht der bedrängte Minister, wieder mit Inhalten in die Offensive zu kommen. Zum einen will Niebel mit einer Bildungsstrategie die Entwicklungshilfe weiter spezialisieren und dabei besonders Afrika fördern. Gestern stellte Niebel die Pläne vor und betonte dabei, wie wichtig es sei, dass in den Ländern "neue Eliten" heranwachsen. Allein für den "Chancenkontinent Afrika" seien bis 2013 rund 137 Millionen Euro eingeplant. Das entspricht einer Verdoppelung der Ausgaben gegenüber 2009. Stärker werde auch die Geschlechtergerechtigkeit betont. "Je länger ein Mädchen eine Schule besucht, desto weniger Kinder wird es bekommen", meinte der Minister. Daher sei Bildung auch ein Beitrag zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums.

Das zweite Thema, mit dem Niebel wieder Positivschlagzeilen machen will, ist seine Myanmar-Reise, die er am Sonntag antritt. Es wird der erste Besuch eines deutschen Ministers in dem Land seit 1984 sein. Die Erwartungen auch aus dem Regierungslager an ein politisches Signal Niebels in Myanmar, das sich nach jahrzehntelanger Isolation langsam öffnet, sind groß.

Der Hamburger Außen- und Entwicklungspolitiker Jürgen Klimke (CDU) verlangt eine vollständige Aufhebung der EU-Sanktionen. "Wenn wir Staaten ohne Zögern abstrafen, die Menschenrechte missachten, dann müssen wir auch positive Entwicklungen durch konkrete Maßnahmen würdigen", sagte Klimke dem Abendblatt. Niebel sollte laut Klimke ein Zeichen für die langfristige Zusammenarbeit mit der Region setzen und sich konkret dafür einsetzen, dass Myanmar wieder ein Partner Deutschlands werde.

Während der Minister die historische Reise plant, interessiert sich die Opposition vor allem für Niebels Personalpolitik. Es geht noch immer um die fragwürdige Besetzung der Leitungsstelle der Servicestelle Engagement Global mit der früheren Oberbürgermeisterin von Ettlingen, Gabriele Büssemaker. Von einer Expertise in der Entwicklungspolitik ist nur wenigen etwas bekannt. Dass eine Kommunalpolitikerin aus seinem Heimat-Bundesland mit demselben Parteibuch genau die Richtige für diese Stelle ist, konnte Niebel bislang kaum jemandem vermitteln. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sascha Raabe hat inzwischen Anzeige gegen Niebel wegen des Verdachts auf Untreue erstattet. Raabe ist überzeugt, dass Büssemaker die Stelle bereits vor dem Ende des Vergabeverfahrens versprochen wurde. Das Ministerium bestreitet diese Darstellung vehement. Am Mittwoch hatte Niebels parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp (FDP) in einer Fragestunde im Parlament von einer unerträglichen "Inquisition" gesprochen.