Nach der Kritik von Grünen-Chef Özdemir stellt sich CSU-Generalsekretär Dobrindt hinter den Bundespräsidenten und seine Islam-Äußerungen.

Berlin/Ramallah/Dortmund/München. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hat die Äußerungen von Bundespräsident Joachim Gauck zum Islam verteidigt. "Bundespräsident Gauck hat eindeutig die richtigen Worte gefunden“, erklärte Dobrindt am Freitag. Deutschland sei ein christlich geprägtes Land mit einer christlichen Historie und einer christlich-fundierten Werteordnung. Die Kritik von Grünen-Parteichef Cem Özdemir an Gauck bezeichnete er als "in der Sachefalsch und auch ungehörig“, weil sie von einer rein grün-ideologischen Zielsetzung herrühre. "Özdemir hat noch immer nicht begriffen, dass Multikulti gescheitert ist“, sagte er.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat sich ebenfalls hinter die Islam-Aussagen von Bundespräsident Joachim Gauck gestellt. "Der Bundespräsident hat in der Sache genau das Richtige gesagt: Die Muslime gehören zu Deutschland“, sagte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke am Freitag. Damit habe Gauck im Kern das aufnehmen wollen, was sein Amtsvorgänger Christian Wulff gesagt habe.

Wulff hatte damals betont, der Islam gehöre zu Deutschland. Dieser Satz könne missverstanden und müsse interpretiert werden, so Jaschke, der in der Bischofskonferenz die Unterkommission für den interreligiösen Dialog leitet. "Es ist immer problematisch, wenn man komplexe Sachverhalte auf spitze Sätze reduziert.“

Es gehe darum, gemeinsam mit den Muslimen eine gerechte und tolerante Gesellschaft zu bauen. "Wir Christen suchen den Dialog und das Miteinander mit den Muslimen in unserem Land.“ Als religiöse Menschen sollten beide Seiten voneinander lernen "und dafür Sorge tragen, dass der Glaube an Gott in unserem Land nicht untergeht“, so Jaschke. Dazu wünsche er sich "dringend“ die Entwicklung eines europäischen Islam, vertreten an Schulen und Universitäten, "im Dialog von Glaube und moderner Vernunft“.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir hatte dagegen mit Unverständnis auf Bundespräsident Joachim Gaucks Äußerungen zur Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland reagiert. "Ich kann diese Differenzierung zwischen Islam und gläubigen Muslimen nicht nachvollziehen“, sagte Özdemir den "Ruhr Nachrichten“ (Freitag). Wenn der Bundespräsident erkläre, dass in Deutschland lebende Muslime zu Deutschland gehörten, "dann gehört natürlich auch ihr Islam zu Deutschland“, widersprach Özdemir.

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich von der Einschätzung seines Vorgängers Christian Wulff distanziert, der Islam gehöre zu Deutschland. Diesen Satz könne er so nicht übernehmen, sagte Gauck der "Zeit". Er fügte aber hinzu: "Seine Intention nehme ich an." Wulff habe die Bürger auffordern wollen, sich der Wirklichkeit zu öffnen. "Und die Wirklichkeit ist, dass in diesem Lande viele Muslime leben. Ich hätte einfach gesagt: Die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland."

Bundespräsident Gauck ruft zu Friedensverhandlungen auf

Özdemir sagte dazu, seit den 60er-Jahren seien Muslime nach Deutschland eingewandert und neben ihrem Menschsein, ihren Sprachen und ihrer Kultur hätten sie eben auch ihre Religion mitgebracht. Bereits der heutige Bundesfinanzminister und damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe daher 2006 mit gutem Grund festgestellt, dass der Islam ein Teil Deutschlands sei. "Es kann keinen Zweifel daran geben, dass der Islam, der Teil unseres Landes ist, unter dem Dach unseres Grundgesetzes gelebt werden muss. Das gilt für jede Religion, ob eingewandert oder nicht“, erklärte der Grünen-Chef.

Ein-Satz-Formulierungen über Zugehörigkeit seien "immer problematisch, erst recht, wenn es um so heikle Dinge geht wie Religion", sagte Gauck. Er könne daher auch diejenigen verstehen, die fragten: "Wo hat denn der Islam dieses Europa geprägt, hat er die Aufklärung erlebt, gar eine Reformation?" Wulffs Äußerungen hatten 2010 eine heftige Debatte ausgelöst.

Zum Abschluss seiner Reise nach Israel warb Gauck noch einmal für eine Verhandlungslösung im Nahost-Konflikt. "Deutschland steht in besonderer Verantwortung", sagte er gestern in der Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg in Jerusalem. Zuvor hatte er den Palästinensern weitere finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt und sie aufgerufen, die Friedensgespräche mit Israel wieder aufzunehmen. (abendblatt.de/dpa/kna)