“Ich hätte einfach gesagt: Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland“, hatte Bundespräsident Gauck gesagt. Grünen-Chef Özdemir reagiert empört.

Berlin/Ramallah/Dortmund. Grünen-Parteichef Cem Özdemir hat mit Unverständnis auf Bundespräsident Joachim Gaucks Äußerungen zur Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland reagiert. "Ich kann diese Differenzierung zwischen Islam und gläubigen Muslimen nicht nachvollziehen“, sagte Özdemir den "Ruhr Nachrichten“ (Freitag). Wenn der Bundespräsident erkläre, dass in Deutschland lebende Muslime zu Deutschland gehörten, "dann gehört natürlich auch ihr Islam zu Deutschland“, widersprach Özdemir.

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich von der Einschätzung seines Vorgängers Christian Wulff distanziert, der Islam gehöre zu Deutschland. Diesen Satz könne er so nicht übernehmen, sagte Gauck der "Zeit". Er fügte aber hinzu: "Seine Intention nehme ich an." Wulff habe die Bürger auffordern wollen, sich der Wirklichkeit zu öffnen. "Und die Wirklichkeit ist, dass in diesem Lande viele Muslime leben. Ich hätte einfach gesagt: Die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland."

Bundespräsident Gauck ruft zu Friedensverhandlungen auf

Özdemir sagte dazu, seit den 60er-Jahren seien Muslime nach Deutschland eingewandert und neben ihrem Menschsein, ihren Sprachen und ihrer Kultur hätten sie eben auch ihre Religion mitgebracht. Bereits der heutige Bundesfinanzminister und damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe daher 2006 mit gutem Grund festgestellt, dass der Islam ein Teil Deutschlands sei. "Es kann keinen Zweifel daran geben, dass der Islam, der Teil unseres Landes ist, unter dem Dach unseres Grundgesetzes gelebt werden muss. Das gilt für jede Religion, ob eingewandert oder nicht“, erklärte der Grünen-Chef.

Ein-Satz-Formulierungen über Zugehörigkeit seien "immer problematisch, erst recht, wenn es um so heikle Dinge geht wie Religion", sagte Gauck. Er könne daher auch diejenigen verstehen, die fragten: "Wo hat denn der Islam dieses Europa geprägt, hat er die Aufklärung erlebt, gar eine Reformation?" Wulffs Äußerungen hatten 2010 eine heftige Debatte ausgelöst.

Zum Abschluss seiner Reise nach Israel warb Gauck noch einmal für eine Verhandlungslösung im Nahost-Konflikt. "Deutschland steht in besonderer Verantwortung", sagte er gestern in der Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg in Jerusalem. Zuvor hatte er den Palästinensern weitere finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt und sie aufgerufen, die Friedensgespräche mit Israel wieder aufzunehmen. (abendblatt.de/dpa)