Zahl der Soldaten sinkt von 220 000 auf 175 000. Schleswig-Holsteins CDU-Landesgruppenchef Schröder optimistisch: Reform stärkt die Marine.

Berlin. Für den Verkündungstag des Radikalumbaus der Bundeswehr hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière sicherheitshalber viel Zeit für Erklärungen eingeplant. Am Morgen stellte der CDU-Politiker die Pläne im Bundeskabinett vor, mittags hielt er eine Rede vor Bundeswehrangehörigen und Verteidigungspolitikern, nachmittags gab er eine Pressekonferenz. Und doch blieben Fragen unbeantwortet am Ende eines Tages, an dem der Bundeswehr eine Schrumpfkur und zugleich eine Stärkung verordnet wurde. So sollen 10 000 Soldaten künftig für Auslandseinsätze bereitstehen. Bisher galt die Armee schon bei 7000 im Ausland eingesetzten Soldaten als stark beansprucht. Die Anforderungen an die Truppe werden steigen. Und doch sinkt die Zahl der Soldaten von 220 000 auf 175 000 bis 185 000, der Großteil von 170 000 ist als Zeit- und Berufssoldaten eingeplant.

Bei den Freiwilligen gibt sich der Minister nach dem Ende der Wehrpflicht zum 1. Juli vorsichtig: 5000 müssen es sein, 15 000 sollten es sein. Von den 76 000 zivilen Stellen sollen 55 000 übrig bleiben. Das Verteidigungsministerium soll von 3500 auf 2000 Mitarbeiter schrumpfen. Der Reform gibt de Maizière sechs bis acht Jahre Zeit, bis 2013 soll der Großteil aber umgesetzt sein. Von einst geplanten Einsparungen von 8,3 Milliarden Euro bis 2015 ist die Regierung schon abgerückt.

Der Minister nahm seine Reformvorstellung zum Anlass, deutliche Kritik an den Entscheidungsstrukturen der Bundeswehr zu üben. "Wir haben für die Zahl unserer Aufgaben zu viele Stäbe", es gebe zu viele Führungspositionen, zu viel Aufsicht über zu wenig Arbeit. Verantwortung werde zu oft geteilt, zwischen Hierarchien verschoben oder verweigert. "Wir haben zu viele Vorschriften und zu wenig Entscheidungen ohne Vorschrift." Diese Lage erfordere Veränderung, "und zwar von allen". Die Hierarchien sollen straffer werden. Der Generalinspekteur soll an Macht gewinnen und erstmals zum Vorgesetzten aller Soldaten aufsteigen.

Die Frage nach möglichen Schließungen von Kasernen will de Maizière allerdings erst im Herbst beantworten. Zentrale Aspekte bei dieser Entscheidung seien Funktionalität und die Präsenz in der Fläche, sagte der Minister. "Eine Schönwetterveranstaltung wird das nicht werden." Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ist pessimistisch. Es seien Standortschließungen zu befürchten, sagte er dem Abendblatt. "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass der Norden nicht benachteiligt wird, wenn die künftigen Standorte festgelegt werden. Ich möchte, dass möglichst viele Kasernen in Mecklenburg-Vorpommern erhalten bleiben." Er räumte ein, dass der Bund sparen müsse und dass da die Bundeswehr nicht ausgenommen werden könne. Sellering lobte de Maizière für den Plan, vor allem die Verwaltung und die Stäbe zu straffen. Seine generelle Kritik an der Bundeswehrstrukturreform bleibe aber, "dass die Pläne auf eine überall einsetzbare Berufsarmee hinauslaufen, die Kriege wie in Afghanistan führt". Das lehne er ab.

Der schleswig-holsteinische CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, Ole Schröder, sieht dagegen in der Bundeswehrreform einen Vorteil für den Norden. "Die Marine wird relativ gestärkt aus der Reform hervorgehen im Verhältnis zur Luftwaffe und zum Heer", sagte Schröder dem Abendblatt. "Ich gehe von einer Einsatzstärke von über 14 000 Soldaten in der Marine aus." Schröder, der auch parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium ist, warb für einen konstruktiven Umgang mit Standortschließungen. Die Schließung eines Standorts könne nie voll kompensiert werden. "Aber manche Liegenschaften bieten eine Chance für attraktive Weiternutzungen. Wir können nicht fordern, dass die Bundeswehr fit für den Einsatz wird, und zugleich verlangen, dass sich vor Ort nichts ändern darf." Er sprach sich auch für inhaltliche Anreize für den Freiwilligendienst aus. "Wichtig muss beim künftigen Freiwilligenwehrdienst sein, dass man dort etwas lernt, dass die weitere Laufbahn davon profitiert", sagte er. "Entscheidend ist zum Beispiel, dass die Freiwilligen in der Bundeswehr auch eine attraktive berufliche Ausbildung bekommen, die sie dann für ihren weiteren Lebensweg nutzen können."