Die Bundeswehrreform wird zum Prüfstein für Schwarz-Gelb.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat der Bundeswehr schonungslos gravierende Mängel vorgehalten, die von falschen Strukturen bis hin zu falschem Material reichen. Das Konzept der seit Langem angekündigten Bundeswehrreform scheint allenfalls in Teilen zu stehen - ganz anders, als de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg noch bei seinen Rücktritt verkündet hatte. Dass es offenbar so schlimm um die Bundeswehr steht, liegt jedoch nicht in der Verantwortung des jungen Ex-Verteidigungsministers - sondern in einem kollektiven und bereits seit Jahren andauernden Versäumnis der Bundesregierung.

Sicher: Guttenberg hat die Bundeswehrreform als sein persönliches Projekt gekapert, mit dem er sich zu profilieren suchte. Noch bei seinem Rücktritt erklärte der Freiherr, er hinterlasse ein bestelltes Haus. Das wäre schön gewesen für Schwarz-Gelb, denn die Modernisierung und Verkleinerung der Bundeswehr hat das Zeug, einer der wichtigsten Marksteine der schwarz-gelben Regierungszeit zu werden.

Nun stellt sich heraus: Die wichtigste Reform der Bundesregierung ist immer noch eine Großbaustelle. Denn die Probleme bleiben die alten. Dazu gehört beispielsweise der Streit darum, was die Bundeswehr leisten soll und was sie kosten darf. Schon seit Jahren sind deutsche Soldaten an zahlreichen Krisenherden präsent, nach den Wünschen mancher Außenpolitiker hätte sie auch in Libyen Hilfe leisten sollen. Doch solche Einsätze kosten viel Geld. Gleichzeitig aber muss die Bundeswehr nach dem Willen der Haushaltspolitiker in den kommenden Jahren mehrere Milliarden einsparen. Die Politik wird sich für eines dieser Ziele entscheiden müssen, doch sie drückt sich seit Jahren darum.

Weiteres Sorgenkind ist die reformresistente Bundeswehrstruktur selbst, die einer dichten Hecke ähnelt: Wirft man sich dagegen, federt sie zurück oder man verheddert sich im Geäst. Für jeden Vorgang wollen zahlreiche Stellen zuständig, aber nicht verantwortlich sein. Montieren Soldaten in Afghanistan ein Funkgerät anders als vorgesehen in ihren Panzer, führt das zu einem wochenlangen Pingpong zwischen den Dienststellen in der Heimat. So tickt die gesamte Armee. Sicherheitspolitiker kennen diese Zustände bereits seit Langem - doch herangetraut an dieses Geäst hat sich niemand. Diese Struktur umzukrempeln wird nun eine Herkulesaufgabe für den Verteidigungsminister. Seine wichtigste Front liegt in seinem eigenen Haus.