Es gibt auch Belege für Missbrauch in der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule. Der Abschlussbericht nennt 46 Verdächtige

Berlin. An Einrichtungen von Jesuiten in Deutschland ist es in den vergangenen Jahrzehnten in mindestens 205 Fällen zu sexuellem Missbrauch und körperlichen Misshandlungen von Kindern gekommen. Der Taten verdächtigt werden 46 Patres, weltliche Lehrer und Erzieher des Ordens, berichtete die vom Jesuitenorden mit der Aufklärung der Fälle beauftragte Berliner Rechtsanwältin Ursula Raue. Raue sagte, zusätzlich zu den 205 Meldungen an Jesuiten-Einrichtungen seien ihr 50 weitere meist an katholischen Einrichtungen geschehene Übergriffe gemeldet worden.

Ende Januar war durch Aussagen mehrerer ehemaliger Schüler bekannt geworden, dass es am Canisius-Kolleg in Berlin – einem Gymnasium der Jesuiten – in den siebziger und achtziger Jahren einen systematischen sexuellen Missbrauch von Kindern gegeben hatte. In der Folge wurden zahlreiche weitere Fälle bekannt, weshalb die Jesuiten Raue mit der Aufklärung beauftragten.

Wie die Berliner Rechtsanwältin feststellte, kam es außer am Canisius-Kolleg auch im Kolleg Sankt Blasien, dem Aloisiuskolleg in Bad Godesberg, der Sankt-Ansgar-Schule in Hamburg sowie Jugendeinrichtungen in Hannover und Göttingen und einem heute nicht mehr von den Jesuiten geleiteten Kolleg im westfälischen Büren zu Übergriffen.

Hauptbeschuldigte sind laut Raue insgesamt zwölf Patres, von denen sechs inzwischen verstorben sind, sowie zwei weltliche Mitarbeiter. Den Beschuldigten werde von mehr als einem Opfer oder Zeugen Missbrauch oder grobe Gewalttätigkeit oder beides vorgeworfen, auch Mitwisserschaft werde dieser Gruppe vorgeworfen. 32 weitere Patres, weltliche Lehrer oder Erzieher seien bisher von nur einem Opfer genannt worden.

Raue sagte, bei vielen Opfern hätten die Übergriffe schlimme Auswirkungen auf ihren weiteren Lebensweg gehabt. „Diese Leute, die sich da gemeldet haben, sprechen fast durchgängig von gebrochenen Lebenswegen, von Angst und Depressionen, Problemen im sexuellen Bereich und zerstörten Ehen und Eheproblemen.“ Die Anwältin machte auch dem Jesuiten-Orden schwere Vorwürfe. Dort seien viele Vorwürfe bekannt gewesen, ohne dass angemessen reagiert wurde.